maifeiertag : Widrige Bedingungen
Was hatte der Mann bloß mit dem Wetter? Gleich zweimal hob DGB-Chef Guntram Schneider auf die „widrigen Bedingungen“ ab, unter denen der Gewerkschaftsbund seine Maikundgebung feierte. Ein Blick auf den trockenen Rasen und die Sonne am Himmel deckte Schneiders Verlegenheit auf: Nur knapp 2.000 Gäste auf der Hauptveranstaltung am Tag der Arbeit, das war wenig. Zu wenig jedenfalls um Eindruck zu machen auf den politischen Gegner, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Dass der Christdemokrat den schweren Auftritt auf der DGB-Bühne gewagt hatte, war für die Gewerkschafter eine Chance, Stärke zu zeigen. Sie wurde vertan.
KOMMENTAR VONKLAUS JANSEN
Dieser 1. Mai machte deutlich, wie sehr sich die Gewerkschaften noch immer in der Defensive befinden – trotz des für sie erfreulichen Tarifvertrags in der Metall- und Elektroindustrie. Auch die neue, wirtschaftsfreundliche Landesregierung hat der Arbeitnehmerbewegung keinen Zulauf beschert.
Exemplarisch für die Probleme des DGB steht die Auseinandersetzung zwischen Ver.di und der Tarifgemeinschaft der Länder über einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Trotz wochenlanger Streiks ist Ver.di hier noch keinen Schritt weiter gekommen – die Länder verweisen auf leere Kassen und mauern, bislang erfolgreich. Dass der ansonsten angenehm differenziert argumentierende Schneider nun den Bündnisfall beschwört, soll drohend klingen, offenbart aber vor allem große Not. Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass etwa die gerade mit Lohnerhöhungen befriedeten Metaller oder die selbst unter Druck stehenden Bauarbeiter den Kollegen im öffentlichen Dienst zur Seite springen werden. „Generalstreik für 18 Minuten“, so oder so ähnlich würde ein branchenübergreifender Arbeitskampf wohl medial begleitet. Das sind keine guten Aussichten für den DGB. Wohl auch deshalb macht es Jürgen Rüttgers wenig aus, sich einen Vormittag lang auspfeifen zu lassen.