männer unter männern:
„… dann kriegst du mehr Geld.“
Mit 17 geriet ich das erste Mal in eine unangenehme Situation. In einer Zeitungsanzeige hatte ich gelesen, dass ein Künstler junge Männer für Aktfotografien suchte. Ich fand mich nicht unattraktiv und dachte: Warum nicht einfach etwas Geld verdienen? Ich besuchte ihn in seiner Wohnung, und er machte Nacktfotos von mir. Nach einer halben Stunde bat er mich ins Nebenzimmer. Dort hingen lauter Bilder von Jungen und Männern mit erigierten Penissen. „Wenn du das auch machst, kriegst du mehr Geld“, bot er an. Ich dachte erst, warum nicht, aber dann stellte er sich in die Tür und guckte so unangenehm, dass ich Angst bekam und mich fragte, was geschehen würde, wenn er die Tür zuschlösse und es nicht beim Fotografieren bliebe. Ich zog mich schnell an und nutzte den Moment, in dem er das vereinbarte Geld holte, um aus der Wohnung zu verschwinden. Ohne Geld und Fotos.
(Name ist der Redaktion bekannt)
Ausgetrickst und missbraucht
Der sexuelle Missbrauch, den ich erlebt habe, wurde mir erst viele Jahre danach als solcher bewusst. Ich war gerade volljährig (sah aber jünger aus) und saß mit ein paar Kumpels in einer Kneipe. Wir lästerten über Lehrer. Irgendwann mischte sich ein älterer Mann ein und setzte sich zu uns. Lehrer XY kenne er von früher, der sei schon damals ein Idiot gewesen, sagte er. Heute denke ich, dass er uns einfach nur belauscht und dann erzählt hatte, was wir hören wollten, um mit uns in Kontakt zu kommen. Das schaffte er, und ich nahm ihn mit nach Hause, wo wir allein waren. Wieso? Ich weiß es nicht, vielleicht wollte er mir weitere Details über Lehrer erzählen. Er fummelte an meiner Hose herum, und ich ließ ihn machen. Dann blies er mir einen. Für mich war das noch irgendwie in Ordnung, aber danach wurde es eklig. Ich sollte ihm einen blasen, was ich nicht tat, dann wenigstens anfassen, bettelte und befahl er. Wieder nein, dann wenigstens in seinen Armen liegen und zugucken, wie er sich einen runterholt. Darauf ließ ich mich ein. Warum? Ich hatte Angst, nicht mehr anders aus der Situation zu kommen. Er war größer und schwerer als ich, und ich wollte ihn weghaben. Hilfe holen kam nicht in Frage, da das, was bereits geschehen war, mir zu peinlich war. Als er endlich weg war, fing ich an zu heulen. (Name ist der Redaktion bekannt)
Im Park
Manchmal bin ich, eigentlich Hetero, früher in eine Schwulendisco gegangen, um für einen One-Night-Stand einen Mann abzuschleppen. Das fand ich gut, weil es eine bisexuelle Abwechslung war und weil es viel unkomplizierter war, einen Mann für eine Nacht zu finden als eine Frau. Ein Mal dauerte es bis fast zum Morgen, bis ich im Club einen Mann an der Angel hatte, der mir gefiel. Er war schon recht betrunken, wollte mich aber mit nach Hause nehmen. Kurz bevor wir bei ihm ankamen, sagte er, dass wir lieber in den Park sollten. Ich willigte etwas widerstrebend ein, weil ich mir für den Sex einen gemütlicheren und sichereren Rahmen gewünscht hatte. Im Park ging es hinter einem Busch recht schnell zur Sache. „Hast du ein Kondom?“, fragte ich. „Nein, ist doch egal“, sagte er. Ich wollte „Stopp“ sagen, aber da fickte er mich schon. Jetzt ist es eh zu spät, dachte ich und ließ ihn gewähren. Ein paar Monate später machte ich einen HIV-Test und war am Ende glücklich, diese Überrumpelung nicht lebenslang bereuen zu müssen. (Name ist der Redaktion bekannt)
Du willst nicht? Dann bist du schwul!
Eine Frau wollte eine Beziehung mit mir und ist mir sehr energisch „auf die Pelle“ gerückt. Ich habe die Sache trotzdem beendet. Als sie sich aus meiner Wohnung verabschiedet, sagt sie zum Abschluss aufgebracht, ich sei wahrscheinlich schwul. Schließlich hätte ich ein Gemälde mit Blumen an der Wand hängen, so etwas hätte ihr Bruder auch, der sei auch schwul. Nach einiger Zeit begegne ich der Frau im Theater im Foyer wieder. Als sie mich sieht, ruft sie mir laut durch das ganze Foyer zu: „Na, so ganz allein?“ (Name ist der Redaktion bekannt)
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