love parade: Der Geist, der stets verneint
Eine Edeka-Filiale ist trotz des Zusatzes „aktiv-markt“ kein Aufschrei für mehr Emanzipation, das Oktoberfest auf dem Gendarmenmarkt noch nie als Aufmarsch bedrohter Minderheiten anerkannt worden, und jetzt hat es auch die Love Parade erwischt: Nach jahrelangen Überlegungen ist der Senat zu der überraschenden Erkenntnis gekommen, dass es sich bei einer GmbH mit einem komfortablen Jahresumsatz von mehreren Millionen Mark nicht um eine politische Demonstration handelt.
Kommentar von ANDREAS SPANNBAUER
Die späte Einsicht ist erfreulich, widerstrebt es doch dem sensiblen Gerechtigkeitsempfinden stets, wenn Gewinne privatisiert, die Kosten in Gestalt einer geschundenen Flora und 256 Tonnen Müll aber der Allgemeinheit übertragen werden. Paradoxerweise brauchte es nur die Gegner der Love Parade, um in dem Dauerkonflikt zwischen dem Veranstalter und dem Senat eine Entscheidung herbeizuführen. Erst die Handvoll Tiergartenschützer, die den Ravern mit ihrer Anmeldung zuvorkamen, lieferten Innensenator Werthebach die Handhabe, seinem Lieblingshobby, dem Verbot von Demonstrationen aller Art, auch am Objekt der Love Parade nachzugehen. Und damit den Versuch zu unternehmen, Dr. Motte & Co. im Tausch gegen Planungssicherheit und freigebige Subventionen zu einem Verzicht auf den Polit-Status ihrer Tanzveranstaltung zu bewegen.
Die Tiergartenretter haben damit gezeigt, dass man mit Demonstrationen allemal etwas erreichen kann, öfter sogar das Gegenteil von dem, was man eigentlich will. Sie müssen ein Teil von jener Kraft sein, die stets das Böse will und doch das Gute schafft. Aber wenigstens müssen die Guten jetzt ihren Müll selbst wegräumen.
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