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leserbrief des tages

„Kolonialisierte“ Ostdeutsche

„Eine neue Ostpolitik“,taz vom 4./5. 11. 2017

Als ostdeutscher „Eingeborener“ kann ich Anja Maiers Kommentar nicht begrüßen. 27 Jahre nach der Wiedervereinigung sollte das Gerede von den „kolonialisierten“ Ostdeutschen und ihren spezifischen Befindlichkeiten endlich vorbei sein. Es unterstützt nur Jammer-Ossi-Gefühle. Was soll das kleinkarierte Aufrechnen, woher jemand in bestimmten Positionen kommt? Niemand zählt die Bayern in Norddeutschland, die Rheinländer in Hessen oder die aus Ostdeutschland Ausgewanderten in westdeutschen (Führungs-)Positionen. Bei 20 Prozent Bevölkerungsanteil von Menschen mit (ausländischem) Migrationshintergrund wird zu Recht nach deren Entwicklungs-, also Aufstiegschancen gefragt. Da ist doch das Auszählen des Anteils der Ostdeutschen an Führungspositionen höchstens von statistischem Wert. Eine Ursache weiter bestehenden Ost-West-Gefälles ist der seit über 60 Jahren bestehende „Braindrain“ – erst aus politischen Gründen, nach 1990 aus Mangel an hochqualifizierten und entsprechend bezahlten Arbeitsplätzen in der Wirtschaft, in zentralen Verwaltungen, Forschungseinrichtungen. Daran ist zu arbeiten.

Ludwig Hoffmann, Wernigerode

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