piwik no script img

leibesübungInnen„Nie wiederist immer“

Sharon Beck ist Israelin und spielt für Werder. Bremer Fußballfans springen nicht nur ihr mit Spruchbändern bei

Im Grunde liegt die Politik über dem Sport wie die Rinde über einem Baum. Da lässt sich nichts trennen. Und so kam es, dass der harte Kern der Fußballfans von Werder Bremen am Wochenende mit Spruchbändern Bezug nahm auf die antisemitischen Ausfälle von Amsterdam. Auf den Klub ist in dieser Hinsicht Verlass, und die Freunde des Ballsports mögen beim Pinseln der Banner auch an eine Fußballerin aus den eigenen Reihen gedacht haben: Sharon Beck. Sie ist Israelin, besitzt, obgleich in Deutschland geboren, einen entsprechenden Pass, weil der Vater Jude und Israeli ist. Sharon Beck spielt für die Hansestädterinnen, und auch sie wird mit einer gewissen Erleichterung gelesen haben, was die Ultras formulierten: „Solidarität mit Betroffenen antisemitischer Gewalt“, stand da. Und weiter: „Pogromen entgegentreten, nie wieder ist immer!“

Wenn man, wie der Autor dieser Zeilen, neulich durch Amsterdam radelte, dann hat man sehr viele Palästina-Fahnen gesehen, überall hingen sie, auch etliche in sehr bürgerlichen Vierteln. Was nicht zu sehen war: Fahnen mit dem Davidstern. Es scheint in dieser Hinsicht eine Bekenntnisangst zu geben, ein Wegducken vor der Aggression der anderen. Umso wichtiger ist die Aktion der Bremer Fans, denn sie zeigt: Der Kampf gegen Antisemitismus wird nicht nur institutionalisiert und leider viel zu oft floskelhaft geführt, nein, er hat eine Basis, die bis in Stadien reicht.

Das werden sie auch bei Turbine Potsdam zur Kenntnis genommen haben. Dort spielen vier israelische Nationalspielerinnen: Noa Selimhodzic, Irena Kuznezov, Maria Almasri und Shahar Nakav, die Kapitänin der israelischen Nationalmannschaft. Auch anderswo in Europa kicken israelische Fußballspielerinnen, in Getafe in der zweiten spanischen Liga, in Bordeaux in der zweiten französischen Liga, in Lustenau, erste Liga Österreich, und eben auch in Deutschland. Turbine Potsdam hat nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober des vergangenen Jahres schnell eine Pressemitteilung verfasst, die zwar vor Kommafehlern strotzt, aber den israelischen Spielerinnen und ihren Familien Solidarität signalisiert. Man stehe an deren Seite, heißt es.

Das Schreiben steht freilich auch pars pro toto für die vielen Fensterreden seitdem: Anstatt Ross und Reiter zu benennen, wird nebulös eine „sinnlose Aggression gegen Menschen“ beklagt. Da waren die Bremer Fans etwas klarer in ihrer Aussage. (völ)

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen