kurzkritik : Posterboy Oberst
Posterboy der Musikpresse und Wunderkind des Singer/Songwriter-Folk: Conor Oberst musizierte mit den Bands Bright Eyes und The Faint in der Kesselhalle des Schlachthofs.
Wer taumelt da so pittoresk über die Bühne, als ob er gleich alles zusammenschlagen oder einfach zusammenbrechen würde? Wer windet sich da so theatralisch, zuckt und wütet Lärm aus der Gitarre? Das Wunderkind als hübscher Jammerlappen: Conor Oberst wagt sich in den hochgradig mit Erwartung belasteten, bis unters Dach gefüllten Schlachthof. Wie mit dem Fluch des Hochbegabten umgehen, niemals durchschnittlich wirken zu dürfen? Die Stimme wird erhoben, getrieben vom Tremolo der Verzweiflung: Man weiß nicht wohin, während das Leben vorbeizieht. Auf seinen Alben gibt Conor Oberst den melancholischen Jungen mit der Gitarre: Singer/Songwriter-Folk, der auch mal zum elektrifizierten Folkpop hochproduziert wird. Live aber fiept, kracht und donnert es in den zauberhaften Songs. Die Vorgruppe The Faint formiert sich mit den Bright-Eyes-Musikanten zu einem eigensinnigen Rock-Nonett. Mitgerissen durch die Intensität des Musizierens türmt man Sounds aufeinander, treibt die Kompositionen an den Rand der Auflösung. Imposante Klanglandschaften entstehen, die in rätselhafter Weise zugleich freundlich und paranoid, brachial stark und sehr zerbrechlich wirken. Avanciertes Taumeln.
Jens Fischer