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Textilien färben mit Fermentation: Im Art Laboratory Berlin wird Bakterien-Pflanzen-Interaktionen sichtbar Foto: José Hernández Lobato und Regine Hengge

Im Ausstellungs- und Forschungsprojekt „Fermenting Textiles“ das als Teil des­_matter Festival 2025 im Art Laboratory Berlin zu sehen ist wird die Materie als aktiv betrachtet. Der Titel bezieht sich auf die in Burkina Faso praktizierte Vouwo-Färbetechnik. Im Gegensatz zu anderen handwerklichen Färbeverfahren, wie dem japanischen Dorozome, wird der Stoff hier nicht einfach mit Pflanzen und Schlamm gefärbt, sondern bis zu zwei Jahre lang in einem Gemisch aus Pflanzenmaterialien und Erden unterschiedlicher Herkunft in einen Topf fermentiert.

Während die Künstlerinnen und Designerinnen Pauline Agustino und Satomi Minoshima das Färben von Kimonostoffen nach dem Dorozome-Verfahren vorstellen, wie es die Fär­be­r:in­nen auf der Insel Amami Oshima praktizieren, arbeitete die Anthropologin Laurence Douny mit dem burkinischen Färber Adama Séré zusammen. Dabei dokumentierte sie den langwierigen Färbeprozess auch im Film. Die Mikrobiologen Regine Hengge und José Hernández Lobato untersuchten dann die Interaktionen von Bodenbakterien, Pflanzen und Baumwollstoff während seiner Fermentation. Anhand von Jagdhemden werden verschiedene Farbtöne und Färbetechniken anschaulich. Eines, das in einem Sud aus Pflanzen, Termitenerde und dem Lehm eines Teichs fermentiert wurde, ist fast schwarz. Dieses Schwarz ist beim nächsten Hemd verblasst, weil es seit zehn Jahren in Gebrauch ist.

Nicht verwunderlich, dass die im Färbetopf getrockneten Vouwo-Pigmente nicht nur bei der Herstellung von neuem Farbstoff, sondern auch als Heilmittel und Körperlotion zum Einsatz kommen. In Texten, Filmen, Fotografien, Displays, Agarplatten mit Bakterien und Kleidungsstücken werden die komplexen Sachverhalte anschaulich. In diesem sinnfälligen Ausstellungsdesign wird „der Materie der ihr gebührende Platz als aktive Teilnehmerin am Werden der Welt“ eingeräumt – wie Regine Rapp und Christian de Lutz von Art Laboratory in ihrer Einführung zur Ausstellung die Forderung der Philosophin Karen Barad zitieren.

Fermenting Textiles. Weaving Together Traditional Craft, Anthropology, Microbiology, and Art. Mit Adama Séré, Laurence Douny, Regine Hengge, Pauline Agustoni, Satomi Minoshima, Art Laboratory Berlin, bis 6. Juli, Do.–So. 14–18 Uhr, Prinzenallee 34

Brigitte Werneburg

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