kunstraum: Grandios unterlaufen
Ursprünglich entstanden die „Ansichten von K.“, die Elisabeth Neudörfl bei Barbara Wien zeigt, auf Einladung des Museums Pfalzgalerie in ebenjener Stadt K., die Kaiserslautern ist. Von den vier Teilnehmer:innen erhoffte man sich „neue Sichten auf einen spannenden urbanen Ort, der sich inmitten eines Wandels von der Arbeiterstadt zum zukunftsweisenden Technologiestandort befindet“, wie auf der Website des Museums steht.
Schaut man sich nun die Auswahl von 35 Motiven bei Barbara Wien an, wird schnell klar, dass Elisabeth Neudörfl diese Erwartung in bekannter Manier grandios unterlaufen hat. Die Stadt kommt bei ihr ohne Menschen und dezidiert ausschnitthaft ins Bild, nur mit ihren Hausecken, mit Ampeln und Verkehrsschildern, mit Firmenlogos und Fahnen, mit dem gerne übersehenen, banalen Detail: Garageneinfahrten, Hauseingänge oder dem Stadtgrün in all seinen hilf- bis lieblosen Formen. Gleichzeitig ist jede Ansicht voller Leben, Formen, Licht.
Ungewohnt ist die Ironie, die sichtbar wird, wenn die Ansicht der Pariser Straße ein großer, superamerikanischer Burger King Drive-In ist oder sich das Spiel „Der Kaiser von China mag nicht“ im ziemlich trostlosen „China-Town“-Restaurant in der Ansicht der Kaiserstraße entdecken lässt. Was die Ansichten der Stadt K. tatsächlich von denen der Stadt XY unterscheidet – sehr wahrscheinlich ebenfalls im Wandel vom Industrie- zum Dienstleitungs- und Technologiestandort befindlich –, sind die Ansichten der amerikanischen Stadt in der Stadt, in der rund 50.000 US-Soldat:innen leben.
Elisabeth Neudörfl: Ansichten von K., Barbara Wien gallery & art bookshop, bis 12. April, Mi.–Sa. 12–18 Uhr, Schöneberger Ufer 65
Deshalb gibt es eine Ansicht der Fourth Avenue und der riesigen Pick-ups, die in den Garageneinfahrten stehen. Für rund 1,6 Milliarden Euro, so die Soziologin Annette Spellerberg im großartigen Künstlerbuch, wird im nahen Weilerbach bis 2027 das größte Militärhospital außerhalb der Vereinigten Staaten fertiggestellt. Sofern nicht Elon Musk mit der Kettensäge kommt. Wenn die Situation heute fragiler ist, als man wünschte, Elisabeth Neudörfl hatte dafür schon ein Gespür, als sie 2023 in der der Stadt fotografierte, wie ihre eigensinnigen Ansichten von K. zeigen. Brigitte Werneburg
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