katholische kirche : Kein Platz für Vertriebene
Wenn sich Katholiken und Vertriebene kappeln, hört man normalerweise weg. Während die einen nach einem gesellschaftspolitisch teilweise reaktionären Katechismus leben und ein Treffen von Glaubensanhängern großspurig „Weltjugendtag“ nennen, wollen die anderen offenbar nicht begreifen, dass das „Heim ins Reich“-Gebrüll ihrer Vorfahren und der von Deutschland angezettelte Krieg die Ursache für „Flucht und Vertreibung“ waren und ihre Nachfahren heute besser schweigen sollten. Mit solchen Leuten möchte man lieber nichts zu tun haben. Aktuell gibt es aber einen bedeutsamen Konflikt zwischen Katholiken und Vertriebenen, bei dem Stellung beziehen gefragt ist.
KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER
Die Vertriebenen wollen nämlich ihr so genanntes Zentrum gegen Vertreibungen in einer katholischen Kirche in Berlin errichten. Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky wendet sich dagegen. Mit gutem Grund: Denn das von den Vertriebenen in Berlin – wo Krieg und Holocaust erdacht und organisiert wurden – geplante Zentrum ist nicht nur geschmacklos, sondern auch ein Affront gegen die Menschen in den europäischen Nachbarstaaten. Nebenbei bemerkt: Es schadete auch den Interessen von Stadt und Region, die sich wirtschaftlich zunehmend gen Osten orientieren.
Allerdings ist Kardinal Sterzinskys Ablehnung keine kategorische. Der Erzbischof lässt sich das Hintertürchen offen, den Vertriebenenfunktionären Raum zu geben, sollte ein „gesellschaftlicher Konsens“ über deren Zentrumspläne zustande kommen. Das ist leider nur halbherzig. Klarer wäre es, zu sagen: In Berlin ist für ein Zentrum der Vertriebenenlobby kein Platz – weder in einer Kirche noch sonst wo. Auch die klammen Kassen der Kirche und der Stadt ändern daran nichts.