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kabolzschüsseAuf der Suche nach Berlins randigster Randsportart

Rugby

Rugby vegetiert auf der Nordhalbkugel. In England ist der Raufsport entstanden. Im Süden aber ist er heimisch geworden. In Südafrika, Australien oder Neuseeland. Manchmal ärgert Frankreich die großen Drei ein wenig. Fast immer machen die Wallabies aber mit den Springboks (Südafrika) und den All Blacks (Neuseeland) den WM-Titel unter sich aus. Bekanntester Eiträger ist Janeh Lomu. Ein Koloss, 1,96 m groß, 120 kg schwer, geboren in Tonga, der durch die Abwehr des Gegners rast wie ein ICE durch Legoland. In Neuseeland wollen sie eine Vulkaninsel nach ihm benennen. Lomu sagt: „Sobald ich das Rugbytrikot überstreife, fühle ich mich wie Superman.“

Die Spieler des Berliner Rugby-Clubs (BRC) verehren Lomu. „Das ist vielleicht ein Tier“, sagt Peter Hoffmann, Coach des BRC. „Die haben da unten eine ganz andere Athletik.“ Lomu rennt die 100 Meter in 10,7 Sekunden und hält nebenbei noch verschiedene Landesrekorde in der Leichtathletik. In Berlin nehmen sie jeden, versichert Hoffmann, auch wenn er drei Sekunden langsamer als Lomu sprintet. „Man muss keine besonderen Voraussetzungen mit bringen, für jeden Typen gibt es die passende Position“, sagt Hoffmann.

Die Ansprüche in Berlin sind nicht hoch, wenngleich der BRC auf dem Sprung in die erste Bundesliga ist. Sollten sie aufsteigen, werden sie auch ein bisschen ICE fahren – gemächlich durch deutsche Lande. Der Senat hat versprochen, die Ausflüge der Amateure in die Rugby-Hochburgen Heidelberg und Hannover zu finanzieren.

Die Studenten der Mathematik, Betriebswirtschaft oder Medizin, die beim BRC das Ei zum Versuch legen, sind gegen Lomu halbe Portionen. Egal. Auch sie sind „süchtig“ nach dem „magischen Ei“. Rugby sei kein „Proletensport“, heißt es. Seit die Alliierten aus Berlin abgezogen sind, hat sich die Randlage des Rugby-Sports noch mehr verfestigt.

Es kursiert die Meinung, die Wende habe dem Sport das Genick gebrochen und das Image betoniert, Rugby in Berlin sei eine nette Familienrunde, tauge aber nicht zum Leistungssport. Ohnehin dümpelt das deutsche Rugby in Europa in der dritten Klasse herum.

Die Deutschen beziehen meist Prügel und Bundestrainer Torsten Schippe ist schon froh, wenn alle Spieler zum Länderspiel kommen. Etwa 8.000 spielen in Deutschland. In Berlin sind es 600. Neben dem BRC wird auch beim SC Siemensstadt und dem SV Post Gedränge und Dropkick geübt.

Das Verletzungsrisiko sei gar nicht so hoch, sagt Hoffmann. Im Gegensatz zum American Football sehe der Spieler die Attacke jederzeit voraus. Auf der Südhalbkugel ist das wiederum ganz anders. Am Spielfeldrand von Teams der australischen Rugby League, in der eine brutale Variante von Rugby praktiziert wird, steht die „blood bin“, der Blutkasten. In Berlin an der Buschallee ist es eine Kiste Berliner Pilsener. MARKUS VÖLKER

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