jenni zylka über Sex und Lügen: Wenn ein Vogel beim Vögeln stört
Jahresrückblick: Auch in den letzten zwölf Monaten gab’s peinliche Sex-Pannen. Aber es ist ja nie zu spät, dazuzulernen
Alljahresendlich schmiere ich meinen privaten kleinen „Das war das Jahr, das war“-Poll in irgendein Notizbuch, um ihn dann dort bei Bedarf bloß nicht wiederzufinden. In diesem Jahr wird unter „Beste peinliche Geschichte“ auf jeden Fall ein Sex-Erlebnis zu finden sein.
Glücklicherweise keine von meinen Pannen, sondern es passierte einer befreundeten Dame. Nach einem lustigen Abend mit vielen Rumcocktails und unbekannten Tabletten musste sie sich am nächsten Tag erzählen lassen, dass sie barbusig an dem Fenster der Partywohnung (direkt an einer belebten Straße in Hamburg) gestanden und versucht habe, Passanten für eine Orgie nach oben zu winken. Ich glaube, meine Freundin hat inzwischen die Stadt verlassen. Obwohl sie doch jetzt so viele Freunde dort hat.
Es schien in diesem Jahr überhaupt von Sex-Pannen nur so gewimmelt zu haben, glaubt man dem Hörensagen. Schön, wenn auch nur ein Semi-Knaller, war das Erlebnis einer anderen Freundin; im Sommer fand sie sich nach einem viel versprechenden Abendanfang mit einer fremden Zunge im Mund auf einer gemütlichen Bettlandschaft wieder.
„Und dann“, erzählte sie, „hör ich plötzlich so komisches Getschilpe. Ich gucke nach rechts und da sitzt ein Wellensittich neben meinem Kopf. Menno, wir wollten vögeln, und der Vogel wollte schnäbeln!“ Natürlich war es Essig mit der Stimmung, stattdessen musste man das zutrauliche Tier mit einer Kolbenhirse wieder in den Käfig locken, und es stoben viele Federn und erforderte einiges an Langmut, um die blöden Vögel-Witze danach aus dem Kopf zu kriegen.
Die Sex-Panne 2001 eines befreundeten Norddeutschen spielte sich im Herbst im Münchener Raum ab. Er könne es ohnehin nicht leiden, erzählte der Herr, wenn die One-Night-Stands irgendwann, mit viel Alkohol und gelöster Zunge, ihre Dialekte auspackten. Und er sei nämlich darum auch stante pede aufgestanden und gegangen, als die Maus zu gegebenem Zeitpunkt aus gegebenem Anlass „Hei, i komm fei gleich!“ gequietscht habe.
Früher, so erzählte das ins Plaudern gekommene Nordlicht dann noch weiter, als er noch neu auf dem Nahkampfgebiet war, habe er sich übrigens auch schon mal aus Versehen selbst geküsst. Man war eben noch nicht ganz so sicher im Unterscheiden der vielen verschiedenen neuen Körperteile, die einem bei einem zünftigen Necking-Petting-Übergriff präsentiert werden. Darum traf man auch hin und wieder den eigenen Arm anstatt die fremde Schulter. Jetzt könne er aber weitaus besser zielen.
Die Alltime-Klassiker, aber gleichzeitig auch die reparabelsten unter den Sex-Pannen sind natürlich „falsche Namen stöhnen“ (lässt sich ganz einfach mit der bekannten Formel „Oh Gott!“ vermeiden) und „wie werde ich die Panne am Morgen wieder los?“. Da gibt es jedoch jetzt das so genannte Frühstück zum Trinken, eine Art Multivitamindrink, den man dem Menschen einfach in die Hand gibt, quasi als Antwort auf treuäugige „Wollen wir noch zusammen frühstücken?“-Fragen. Fort mit Schaden. Soll er/sie’s doch auf dem Weg zur U-Bahn austrinken.
Die eingangs schon erwähnte Hamburger Freundin, die gerne mal Fremden ihr Holz präsentiert, hätte übrigens in diesem Jahr fast noch eine andere Panne in petto gehabt: Ihr Freund habe, um sicherzugehen, dass sie ihn nicht betrügt, vor seinem Urlaub die Kondome abgezählt. Das ist natürlich wirklich mies. Kaum zu entschuldigen. Da müsste man sich dann mit irgendwelchen Kindergeburtstags-Aushilfs-Deko-Entschuldigungen im wahrsten Sinne des Wortes aus der Affäre ziehen.
Da ich an dieser Stelle ungern aus dem eigenen Nähkästchen plaudere, und bei so einem Thema schon gar nicht, viiiiel zu peinlich, möchte ich nur noch hinzufügen, dass ich mal ganz knapp einer Sex-Panne entkommen bin. Ich bin nämlich in dem Augenblick geflüchtet, als der vorher ansehnliche und aufreizende Mann plötzlich mit einer bunt gemusterten Pump-Jogginghose ins Zimmer zurückgekommen war und auf meinen fragend-angeekelten Blick unschuldig sagte: „Ich hab mir nur mal eben was Bequemes angezogen.“ So schnell fährt aber kein Steve McQueen in „Bullit“, wie ich aus der Wohnung war.
Knapp, präzise und plausibel klingt in meinen Ohren dagegen die Antwort, die ein Freund am Telefon gestern Abend auf meine Sex-Pannen-2001-Frage gab: „Werner Lorant. Der Mann ist eine einzige Sex-Panne.“
Fragen zu Sex & Lügen?kolumne@taz.de
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