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jenni zylka über Sex & LügenDas Kichern der Fans

Es ist phänomenal, wie leicht das vermeintliche Geteiltes-Leid-ist-halbes-Leid bei Stars funktioniert

Der beste Spruch des noch jugendlich-faltenfreien Jahres erreichte mich heuer per E-Mail, ich bitte, ihn schon mal für den nächsten Jahresrückblick vorzumerken: „Ich habe nichts gegen Gruppensex, solange die Gruppe nicht Aerosmith heißt.“ Noch besser ist, wer ihn getätigt hat: Anthony Quinn! Dass Anthony Quinn, das Alphamännchen, das sich im letzten Juni nach ein paar Jahrzehnten Starruhm und 13 Kinderchenzeugungen verabschiedet hat, überhaupt eine solch grandiose Humorportion in seinem Kantenkopf aufbewahrt, und dass er dazu auch noch die schlimmsten Transen-Rock-Streifenröhren Amerikas kennt und einzuschätzen weiß! Das macht einen im Nachhinein sogar noch trauriger über seinen Tod.

Doch Stars und Sex sind ein so ergiebiges wie wunderliches Thema. Ich habe mir den niedlichen 60s-Film „Performance“ als Teen bestimmt sieben Mal angeguckt, nur, um die angeblich echte Vögelszene zwischen Mick Jagger und Anita Pallenberg oder Michèle Breton zu entdecken. Nix. Jetzt, als Thirt, weiß ich: Wenn zwei oder mehrere (oder Aerosmith) im Film Sex haben, dann steht der Film in der Videothek in dem Regal, vor dem man am liebsten nicht seinen Vermieter oder Käsefachverkäufer treffen möchte. Geschweige denn den von der Wursttheke. In richtigen Spielfilmen spielen sich keine ernst gemeinten körperlichen Handlungen/Probleme ab – Filmküsse sind ohne Zunge. (Und haben darum auch nirgends etwas zu suchen als auf der Leinwand.) Obwohl man sich als filmsüchtiges Etwas kurz vor der Berlinale also längst darüber klar ist, wie unecht und aus kranken Hollywood-Anorexie-Drogensucht-DrehbuchautorInnen-Hirnen entsprungen die landläufigen, hausbackenen Filmstorys, vor allem die aus den USA, sind – es ist trotzdem immer wieder auf eine perfide Brigitte-Mitte-rosa-Psycho-Seiten-Art interessant, wie einem der Platzhalter „Star“ manchmal die eigenen Probleme wegnehmen und schön vorspielen kann.

In der Komödie „Notting Hill“ gibt es nur eine wunderbare Szene: Julia Roberts und Hugh Grant sitzen am Tisch, auf den Grant seine Füße gelegt hat. Roberts sagt „You have big feet. You know what they say about men with big feet?“ Grant: „No …“ Roberts: „Big feet, large … shoes“. Sonst erzählt der einen Star spielende Star Julia Roberts davon, dass immer die ganze Welt hämisch kichert, wenn sie Liebeskummer habe. Tja, kann man da nur hämisch kichern. Wohl einmal zu viel in einem Mega-Blockbuster mitgespielt und einmal zu oft Joan Rivers auf ihre Roter-Teppich-Frage „Honey, who are you wearing?“ – „Prada!“ geantwortet. Trotzdem: Es muss befremdlich sein, wenn einem wildfremde Menschen „Endlich!“ hinterherrufen, weil man sich gerade von Tom Cruise getrennt hat, oder wenn einem wildfremde Menschen „Du spanische Hexe!“ hinterherrufen, weil man sich gerade Tom Cruise geangelt hat. Wobei ein Verhältnis mit Tom Cruise mir allerdings als solches befremdlich erscheint und ich keinen Star in Schutz nehmen möchte, vor allem nicht kurz gewachsene Scientologen wie Cruise. Aber es ist phänomenal, wie leicht dieses vermeintliche Geteiltes-Leid-ist-halbes-Leid funktioniert: als ob die eigenen Probleme weniger würden, nur weil so eine ausgedachte Hollywood-Karnevalsfigur auch ein gebrochenes Herz hat. Ein Wunder und ein Glück, dass es überhaupt noch Filme über Nobelpreisträger, Affenforscherinnen oder japanische Ninja-Turtels-Gladiatorinnen gibt.

Richtige Groupies und Mediengeile wie Gala-Chefredakteurinnen oder TV-Boulevard-Magazin-Pseudo-Psychologen haben Tom Cruise’ Eheprobleme, die ihn zur Scheidung von Nicole Kidman und zu Frl. Cruz führten, übrigens schon vorausgeahnt: an der Art, wie Cruise und Kidman in „Eyes Wide Shut“ zu dieser schaurigen Ein-Ton-Klavieruntermalung nackicht vor dem Spiegel posieren. Diese ExpertInnen haben nämlich dort bereits kleine Körpersprachanzeichen für die baldige Trennung gefunden. Kidman biegt ihr Knie ein bisschen nach links aus dem Bild zum Beispiel, oder Cruise kratzt sich plötzlich an der hoch versicherten Cruise-Nase und signalisiert damit den Body-Linguisten: Das wird noch böse enden!

Ich bin ja eher von der groben Sorte und würde höchstens bei einer blutigen Schlägerei zwischen den beiden auf eine bevorstehende Trennung tippen. Aber ich glaube ohnehin nicht an Körpersprache, auch wenn der Psychodoc-Vater einer meiner Freundinnen behauptet, er könne den Menschen „am Gang“ ansehen, aus welchem Bundesland sie stammen. Und das sollte kein Ostfriesenwitz sein und auch keiner, der auf „Schwimmhäute zwischen den Zehen“ endet.

Fragen zu Sex & Lügen?kolumne@taz.de

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