inside: Anlegen mit der taz: Versiko AG
„ALFRED IM BÖRSENFIEBER ...“
... hieß eine Textanzeige in der taz vom 4. 12. 99, in der der Chef des Unternehmens Versiko, Alfred Platow, seiner Hanne prophezeite, dass der Kurs der Versiko-Aktie steigen würde, „weil viel mehr Menschen in Deutschland Versiko-Aktien haben wollen, als wir überhaupt zur Verfügung haben“. Alfred hat Recht behalten, selbst mit der kühnen Prognose, dass der Kurs seiner Aktie sich bis März 2000 auf 75 Euro verdreifachen würde. Aber sollte man nun nicht bald einmal daran denken, diese extrem hohen Kursgewinne durch Verkauf der Versiko-Aktien zu realisieren – oder steigt die Aktie noch weiter, nachdem Versiko seine Werbekampagne fortsetzt und in seinem jüngsten Rundschreiben sogar schon 300 Euro als nächstes „Kursziel“ avisiert?
Doch wieso sollen die 600.000 Stück Versiko-Aktien, die Ende 1999 zu 26 Euro ausgegeben worden sind, nun überhaupt schon das Dreifache wert sein – beziehungsweise mehr als das 30-fache jenes Preises (rund 2,3 Euro), zu dem im Schnitt schon vor dem Börsengang (überwiegend an Mitarbeiter und Kunden) 777.000 Vorzugsaktien ausgegeben wurden?
Rechnet man zu diesen 1,377 Millionen Stück Vorzugsaktien noch die 2,1 Millionen Stück (nicht börsennotierten) Stammaktien hinzu, käme man bei einem Kurs von 75 Euro auf einen Unternehmenswert von über 539 Millionen Mark! Und das bei einem Jahresumsatz (1999) von nur rund 15 Millionen Mark, wobei die Steigerungsquote von rund 45 Prozent nur auf den ersten Blick sehr hoch aussieht. Denn auf Grund des befürchteten Wegfalls von Steuerbegünstigungen kam es 1999 branchenweit zu einem Boom von Versicherungsneuabschlüssen. Wegen der Kosten im Zusammenhang mit dem Börsengang (rund 2,1 Millionen Mark) fiel 1999 kein Reingewinn, sondern ein Verlust von rund 0,4 Millionen Mark an. Selbst wenn man annimmt, dass der jährliche Reingewinn – die Branche leidet in diesem Jahr sicher unter den 1999 aus steuerlichen Motiven „vorgezogenen“ Vertragsabschlüssen – bald nachhaltig auf 2,5 Millionen Mark gesteigert werden kann, läge das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) noch über 200, also weit über dem Branchenschnitt.
Solange es aber Käufer gibt, die Versiko-Aktien zu jedem Preis haben wollen, wird der Kurs noch steigen. Wenn die Stimmung aber kippt und die Aktie auch in breiteren Kreisen als überbewertet erkannt wird, kann eine rapide Talfahrt einsetzen: Alfred Platows Kursziel von 300 Euro (das wären + 300 Prozent ab jetzt) stelle ich hiermit eines von 9 Euro (- 88 Prozent) gegenüber! MAX DEMLDer Autor ist Chefredakteur des Infodienstes Öko-Invest
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