immobilienpakete: Immobilien sind Kulturgüter
Berlin kann sich derzeit vor Immobilieninvestoren kaum retten. Weil in anderen europäischen Großstädten Boden- und Mietpreise dermaßen gestiegen sind, dass kaum noch Renditen winken, drängen vor allem internationale Immobilienhaie auf den Berliner Markt – irgendwo müssen sie ihr Geld ja anlegen, und auf ewig kann die Hauptstadt der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt ja nicht so billig bleiben, wie sie ist.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Was Mieter ängstigt – schließlich werden sie die Gewinne der Investoren bezahlen müssen –, freut den Finanzsenator. Denn er kann mit höheren Einnahmen durch den Verkauf städtischer Immobilien rechnen. Auch der städtische Makler, der Liegenschaftsfonds, freut sich: Seine Bilanz bessert sich – bis irgendwann die letzte Brache in öffentlichem Besitz verscherbelt ist.
Das Gedränge auf dem Markt führt nämlich dazu, dass auch weniger attraktive Immobilien nachgefragt werden. Der Fonds hat nun ein ganzes Verkaufspaket geschnürt. Vorteil für den Verkäufer: Er kann darin schwer verkäufliche Immobilien unterbringen, und er spart Verwaltungskosten.
Für die (Zwischen-)Nutzer städtischer Immobilien – Vereine, Initiativen, Kleinunternehmen – liegt der Nachteil auf der Hand: Bislang fühlten sie sich sicher, weil ihre Immobilie unverkäuflich war. Das ändert sich nun rasch. Um ein großes Festmahl zu kriegen, schlucken die Investoren auch wenig schmackhafte Bissen. Vielen sinnvollen Kiezprojekten droht so das Aus – zumal sie keine Chance haben, ein ganzes Immobilienpaket zu erwerben.
Gefragt ist nun der rot-rote Senat: Will er nur möglichst hohe Verkaufserlöse erzielen, oder will er die kulturelle Vielfalt in den Kiezen fördern, die Berlins Attraktivität wesentlich ausmacht? In letzterem Fall müsste er Projekte bestimmen, deren Immobilien nicht verkauft werden – zumindest nicht im Paket.
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