immer wieder samstags: Musik Antik
Dieser Mann ist seinem Hobby verfallen. Obwohl Hobby eigentlich das falsche Wort ist. Norbert Noritz hat eine veritable Leidenschaft: Musik der 20er und 30er Jahre. Angefangen hat es vor dreißig Jahren, als er im Auto ein Lied des Tenors Richard Tauber hörte. Rechts ranfahren musste er da, so sehr hat ihn das alte und doch neue Hörerlebnis gepackt. Noritz wurde zum Tauber-Sammler, zu einem der ganz verrückten: Vom Schminkkoffer über das Monokel bis zu ausnahmslos allen Programmheften stöberte er auf, was er kriegen konnte.
Und irgendwann kam dann die Idee mit dem Laden: „Musik Antik“, eröffnet 1990 in Eimsbüttel. „Eine Liebhaberei“, sagt Noritz, der sein Geld als Einsatzleiter in einer Montagefirma verdient. Immer samstags, von 10 bis 14 Uhr, sperrt er den Laden auf. Dann kommen sie, die Sammler und Jäger von alten Kostbarkeiten. Dann sitzen sie zwischen sorgsam sortiertem Schellack, fachsimpeln und legen auch mal einen neu gehobenen Schatz aufs Grammophon – und genießen.
„Aber ganz normale Leute kommen auch, und häufig auch junge Leute“, meint Noritz. Und das ist ihm wichtig, denn der 56-Jährige hat eine Mission: Die Musik der 20er und 30er Jahre darf nicht vergessen werden. „Die großen Plattenfirmen denken, niemand will so alten Kram hören. Aber das ist Quatsch.“ So produziert er eben selbst. Seine vierzehnte Veröffentlichung ist gerade in Arbeit. Immer stellt er ein Programm aus Schellack-Hits zusammen und brennt sie auf CD. Dann macht sich ein Freund per Computer an den Feinschliff: entknacken und entrauschen. „Aber nicht zuviel: Die Seele vom Original muss erhalten bleiben.“
Am Anfang waren die CDs Porträts einzelner Künstler, von Charly Wittong oder Hein Köllisch. Später folgten Mix-CDs aus der Hamburger Szene. Die fünfte davon erscheint vor Weihnachten. Ein echtes Kleinod ist darauf zu finden: das bislang nur in den USA veröffentlichte Lied „Liebe Mutti“ von Hans Albers. KATRIN AUE
Musik Antik, Weidenstieg 14, www.musik-antik-records.de
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