holocaust-mahnmal: Sollen sie nur aufmarschieren
Ist Peter Eisenman ein Provokateur? Nicht sakrosankt soll der Ort für das geplante Holocaust-Mahnmal einmal sein, sondern offen und zugänglich für Demonstrationen – auch für jene rechter Gruppen und Parteien. Der Ort des Gedenkens an die Ermordung der europäischen Juden als Aufmarschplatz von Neonazis und irren Faschisten? Allein die Vorstellung evoziert Unbehagen angesichts der Symbolik und eines Mahnmalentwurfs aus grabsteinähnlichen Betonstelen.
Kommentarvon ROLF LAUTENSCHLÄGER
Eisenmans Plädoyer für ein offenes Mahnmal meint jedoch mehr als die Provokation politischer Korrektheit. Es ist zum einen die Absage an die von Innensenator Werthebach und anderen geforderte Einschränkung des Versammlungsverbots an „historisch und moralisch bedeutsamen Orten“ in der Stadt. Denn die Entsorgung jener Standorte vor rechtsradikalen Aufzügen bedeutet noch lange nicht deren Verhinderung, geschweige denn die Auseinandersetzung mit dem Phänomen marschierender Verbrecherbanden.
Zum anderen ruft Peter Eisenman mit seiner Forderung die eigentliche Botschaft des Holocaust-Mahnmals ins Bewusstsein. Der Gedenkort ist weder bloße Kranzabwurfstelle noch museales Haus der Erinnerung, sondern bleibt eine lebendige Chiffre immerwährender geschichtlicher Bedeutung. Als „offene Wunde“ in der Stadt, von der aus der Holocaust seinen Anfang nahm, war das Mahnmal konzipiert worden – nicht zur Beruhigung. Es soll und kann nicht der Verdrängung dienen, auch nicht der Verdrängung aktueller neofaschistischer Realität in unserer Gesellschaft.
Marschieren die Nazis dort auf, ist der Widerstand der Zivilgesellschaft gefordert und kein Drahtzaun. Nur so gehört das Mahnmal nicht den Mördern.
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