heute in hamburg: „Kontrolliert, experimentell, ungelenk“
15. Comicfestival Hamburg mit Ausstellungen, Panel-Walk und Lesungen: bis 3. 10., Programm und Infos: https://comicfestivalhamburg.de/
Interview Carla Geiger
taz: Herr Hommer, welcher war der erste Comic, den Sie gelesen haben?
Sascha Hommer: Oh, ich habe sehr früh Comics gelesen und bin nicht ganz sicher. Asterix und Obelix hat mich schon sehr geprägt, auch als ich noch gar nicht lesen konnte. Das musste mir wie ein Bilderbuch vorgelesen werden.
Würden Sie das heute wieder lesen?
Asterix und Obelix würde ich aus einem historischen Interesse immer noch lesen. Das sind Comics, die heute ein bisschen aus der Zeit gefallen wirken. Manche finden sie auch problematisch. Ich würde sie nicht zum Vergnügen lesen, sondern mit einem historischen Blick. Sie sind gut gezeichnet.
Warum zeichnen Sie selbst Comics?
Als ich angefangen habe, war ich noch sehr jung. Ich habe nachgezeichnet, was ich gesehen habe. Zum Beispiel Asterix und Obelix, aber auch Filme, die ich gesehen habe, Kinderfilme. Das Comiczeichnen ist meine Erzählform. In der professionellen Auseinandersetzung habe ich gemerkt, dass Comics als Medium viele Möglichkeiten bieten, etwas zu machen, das noch nicht gemacht wurde. Es ist noch nicht lange so, dass Comics vielfältige Themen behandeln und Verlage das auch verlegen wollen.
Ihr Comic „Chawerim“ erzählt, wie jüdische Jugendliche sich auf die Auswanderung nach Palästina vorbereiten. Was ist das Besondere, wenn ein Comic Politisches erzählt?
Ich denke, dass man mit gezeichneten Geschichten eine besondere Art der Intimität herstellen kann. Die Leser:innen bekommen eine Geschichte erzählt wie in einem Film, können aber selbst entscheiden, wie lange sie auf den Seiten verweilen. Gleichzeitig können die Figuren zeichnerisch vereinfacht werden und bekommen dadurch etwas Universelles. Man kann sich gut mit ihnen identifizieren, vielleicht besser als mit Schauspieler:innen.
Gilt das auch für die drei identischen, kleinen Figuren in „Die Sommerreise der Griesgrame“?
Der Text geht zurück auf den Autor Jan-Frederik Bandel. Ich denke, die Griesgrame sind ein Bild für eine Geisteshaltung, die sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen anzutreffen ist, die sich von der Welt abschotten, aber trotzdem darauf angewiesen sind, etwas zu erleben. Für mich ist es einfach, mich mit den Griesgramen zu identifizieren und in ihnen eine bestimmte Art von toxischer Männlichkeit zu sehen, bei der es gut tut, sie abzulegen. Das ist aber nur, wie ich sie sehe.
Wie entscheiden Sie, ob ein Comic schwarz-weiß oder farbig wird?
Ich entscheide je nach Projekt, wie die Grafik aussehen soll. Ich arbeite viel lieber in Schwarz-Weiß, weil diese Limitierung mir Freiheit gibt. Dann muss ich nicht über die ganzen Farben nachdenken, die es sowieso schon gibt. Ich frage mich, warum künstlerische Arbeiten die Realität abbilden sollen. Es ist doch viel schöner, wenn Bücher und Filme artifiziell sind.
Ihr Comic-Stil in drei Worten?
Kontrolliert, experimentell, ungelenk.
Wie funktionieren Comics in einer Ausstellung?
Comics an der Wand in einer Galerie sind eher ein Problem als eine Lösung, denn sie sind in der Regel für Druckprodukte oder das Internet hergestellt. Manche Künstler:innen reagieren darauf, indem sie sich etwas Besonderes ausdenken und zum Beispiel kleine Installationen entwickeln.
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