heute in hamburg: „Die Menschheit ist nur geduldeter Gast“
Performance „Gründungsversammlung eines Klimaparlaments sämtlicher Wesen und Unwesen“: 19 Uhr, Livestream auf dem Youtube-Kanal des Monsun-Theaters
Interview Paula Bäurich
taz: Frau Hensel, wem gehört die Erde?
Amelie Hensel: Ich würde sagen, die Erde gehört sich selbst, und alle, die auf ihr leben dürfen, sind Gäste.
Wir Menschen verhalten uns aber nicht wie Gäste, oder?
Nein, aber so sind wir halt leider. Gleichzeitig passieren Maßnahmen zum Klimaschutz auch ausschließlich aus der Perspektive von uns Menschen heraus. Wir denken, wir wüssten immer, wie etwas funktioniert und richtig gemacht wird, dabei machen wir nur 0,01 Prozent der Biomasse auf der Erde aus. Deswegen wünsche ich mir einen Perspektivwechsel.
Wie soll der aussehen?
Anstatt, dass nur Menschen Dinge besprechen und entscheiden, sollen auch andere Wesen und Unwesen auf der Erde das Sagen haben. Dafür sollten wir uns auf Augenhöhe mit allem begeben. Das ist zwar leichter gesagt als getan, aber das ist zumindest unsere Idee beim Klimaparlament.
Welche „Wesen und Unwesen“ meinen Sie?
Neben Tieren wie der Zoogiraffe oder dem Regenwurm sollen die Elbe oder das Eis Botschafter*innen in unserem Klimaparlament haben. Besonders wichtig ist uns auch die Vertretung von Pflanzen, da sie etwa 75 Prozent der Biomasse auf der Erde ausmachen. Die Menschheit ist nur als geduldeter Gast dabei.
Warum sollen auch nicht schmerzempfindliche (Un-)Wesen vertreten werden?
Auch die gehören ja zu unserer Erde dazu. Außerdem könnten uns das Eis oder die Elbe Vorbilder darin sein, wie wir die Zeit wahrnehmen. Die sind schon ewig auf der Erde und haben dadurch eine ganz andere Auffassung von Zeit. Wir Menschen könnten so lernen, geduldiger in unseren Handlungen zu sein – für Klimafragen gilt das allerdings nicht.
Alle Botschafter*innen in Ihrem Parlament sind Menschen. Da liegt die Gefahr nahe, dass die Bedürfnisse doch wieder nur in unserem Interesse vertreten werden.
Das stimmt, aber das versuchen wir zu vermeiden. Die Botschafter*innen haben sich umfassend mit den Bedürfnissen ihrer Gruppen auseinandergesetzt und versuchen, sich in sie hineinzufühlen. Die Forderungen widersprechen dann auch oft den Interessen der Menschen. Zum Beispiel würde sich die Giraffe über einen anhaltenden Klimawandel freuen, weil sich so ihr Lebensraum ausbreiten würde.
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