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heute in hamburg„Viele denken, sie dürften nicht lachen“

15. Hamburger Demenzgespräch „Demenz und Humor“: 17 Uhr, Dorothee-Sölle-Haus, Königstr. 54, Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter 040-30620-295 oder bonitz@diakonie-hamburg.de

Interview Katharina Gebauer

taz: Herr Hirsch, kann Demenz lustig sein?

Rolf Dieter Hirsch: Ja sehr, es können total komische Situationen entstehen. Das kann man dann schlimm oder lustig finden.

Wie nimmt man Angehörigen ein schlechtes Gewissen, Demenz mit Humor zu begegnen?

Viele denken, sie dürften nicht lachen, mit Demenz lässt sich aber meist sogar besser und spontaner lachen, ganz ohne Scham. In Alzheimer-Hilfegruppen können durch Rollenspiele Situationen als Demenzkranke erlebt werden. Der Großteil der Angehörigen ist im Zweifel verängstigt und überarbeitet, die Menschen mit Demenz allerdings leiden meist am wenigsten darunter. Das muss den Angehörigen vermittelt werden, um beidseitig locker mit der Krankheit umzugehen.

Verlieren Demenzkranke nicht ihren Humor?

Emotionen bleiben bis zum letzten Atemzug, die fröhliche und heitere Art eines Menschen bleibt erhalten. Eine Dame lächelte unentwegt und ließ sich das nie nehmen, egal was kam. Das war total ansteckend. Nicht immer alles ernst zu nehmen, ist die beste Prävention und fröhliche Menschen sind auch gleich viel leichter zu pflegen.

Wie kann Humor im Umgang mit Demenzkranken helfen?

Rolf Dieter Hirsch, 73, ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Einer seiner Schwerpunkte ist Humor im Alter.

Das Entscheidende ist, wie ich mit einer bestimmten Situation umgehe. Das spürt man aber auch an der dementen Person gut. Kann man eine stressige oder schwierige Situationen umdrehen und in etwas Lockeres, Entspanntes umwandeln? Wenn die Betroffenen wütend oder ärgerlich sind, kann man die Kippfigur sein, die sie zum Lachen bringt. Gemeinsam kann so die Heiterkeit ins Leben geholt werden.

Und das funktioniert?

Das funktioniert in den meisten Situationen. Mehrere Betroffene erzählen mir immer wieder, wie sehr viel emotionaler sie durch die Krankheit erst miteinander umgehen. Dazu gehört auch Trauer, aber eben auch das Lachen. Das kann dazu führen, dass man mit seiner Mutter lacht wie noch nie. Gerade der Umgang mit Enkeln und dementen Großeltern ist meist total positiv, weil sie der Welt offen und unbefangen entgegentreten und sie offen wahrnehmen.

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