heute in hamburg: „Die männliche Perspektiveist stärker“
Podiumsdiskussion „Das Muslimische Quartett - Macht und Geschlecht“: Welche Rolle spielen die Geschlechterrollen in der Religion, 19 Uhr, Resonanzraum St. Pauli, Feldstraße 66, Eintritt frei, Anmeldung erforderlich: http://www.fes.de/lnk/muslimisches-quartett
Interview David Günther
taz: Pater Richard, wie wichtig sind Geschlechterrollen in der Religion?
Richard Nennstiel: Sie sind sehr wichtig, denn in den jeweiligen Heiligen Schriften werden die Geschlechterrollen beschrieben.
Wie sind sie beschrieben?
Das kommt darauf an, mit welcher Hermeneutik man die Heilige Schrift liest. Es gibt zwei Schöpfungsberichte im Genesis: einen, in dem Gott den Menschen als Mann und Frau erschuf, und einen anderen, in dem die Frau aus der Rippe des Mannes geschaffen wurde. Dadurch entsteht ein anderes Verhältnis. Über die Jahrhunderte hinweg entstand eine männliche Auslegung der Heiligen Schriften. Erst durch die Entwicklung einer feministischen Theologie kam die Frage auf, ob es nicht auch eine andere Perspektive gibt.
Wie sieht es heute aus?
Derzeit ist noch immer die männliche Perspektive stärker ausgeprägt, denn auch gesellschaftliche Strukturen gehen in diese Richtung. Erst in den letzten Jahren wurde eine größere Sensibilität entwickelt.
Gibt es auch starke Frauen in der Religion?
Gerade die feministische Theologie hat die starken Frauen herausgearbeitet. Es gab auch Prophetinnen wie etwa Judith. Die wurden jedoch durch die männliche Brille nicht wahrgenommen. Auch in der katholischen Tradition gab es starke Frauen. Katharina von Siena und Hildegard von Bingen beispielsweise.
Wie kann man diese Frauen mehr hervorheben?
Die Stimmen der Frauen werden immer stärker. Sie geben sich nicht mehr mit einer untergeordneten Rolle zufrieden. Wie in der katholischen Theologie gibt es auch im Islam eine feministische Bewegung, die den Koran nicht nur in der männlichen Perspektive sieht. Eine gegenwärtige Perspektive auf den Koran stärkt die Rolle der Frau und das müssen wir gesellschaftlich weiterentwickeln.
Kann die Bibel die Gleichberechtigung auch behindern?
Indem die weibliche Perspektive ausgeblendet und die Frau nur als Hilfskraft des Mannes gesehen wird. Für Aristoteles war die Frau eine Fehlbildung des Mannes, daran sieht man, dass in den antiken Kulturen die Perspektive des Mannes ausschlaggebend war. In der heutigen Zeit muss sich die Gesellschaft fragen, ob sie sich an diesem Bild orientieren will oder ob sie das Verhältnis zwischen Mann und Frau ändern möchte.
Lesen gegen das Patriarchat
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