heute in hamburg: „Ein Stück normale Weihnachten“
Interview Yasemin Fusco
taz: Herr Schubert, warum servieren Sie bedürftigen Menschen am 24. Dezember ein Festessen?
Andre Schubert: Mir macht es einfach Spaß. Ich darf im vierten Jahr Bedürftigen ein Stück normale Weihnachten schenken – auf Augenhöhe. Im alltäglichen Leben hat man ja kaum Berührungspunkte mit Obdachlosen oder stark bedürftigen Menschen. Und es bot sich schlicht an, ein Festessen für Wohnungslose und Bedürftige im Hofbräu Wirtshaus zu organisieren, weil das Restaurant über 900 Personen bewirten kann und am 24. Dezember ohnehin geschlossen bliebe.
Was gibt es denn?
Jedes Jahr gibt es etwas anderes zu Essen. Dieses Jahr ist es Entenkeule mit Rotkohl und Klößen.
Wie ist die Resonanz?
Die Menschen nehmen das sehr gerne an. Wir wollen ihnen einen normalen Abend ermöglichen und ihnen auch das Gefühl geben, dass sie genauso als Gäste ernst genommen werden wie die zahlende Kundschaft an anderen Tagen. Unser Ansatz ist, dass sie kurz vergessen, dass sie bedürftig sind. Dazu gehört auch, dass sie für sich das Essen und den Tag genießen können.
Melden sich denn genügend Freiwillige für den Tag?
Ja, es kommen viele Kolleg*innen. Köch*innen, Barleute und Service-Kräfte melden sich rege an diesem Tag, obwohl sie ja Heiligabend auch mit ihren Familien zusammen sitzen könnten. Es ist einfach ein nettes Zusammenkommen und die Gewissheit, dass man das Stück Normalität weitergibt. In den Jahren habe ich viele Menschen kennengelernt – auch ihre Erfolgsgeschichten.
Gemeinsames Weihnachtsessen für Wohnungslose und Bedürftige: ab 12 Uhr, Hofbräu Wirtshaus, Am Speersort 1
Die da wären?
Viele kommen jedes Jahr wieder gerne zu uns. Erst vor zwei Wochen haben wir von einer Dame, die nun nicht mehr obdachlos ist, ein Geschenk als Dank bekommen. Sie war uns aber so dankbar für das Essen im vergangenen Jahr, dass sie sich einfach melden musste.
Gibt es auch Geschenke?
Ja. Es sind meist Geschenke, die jeder gebrauchen kann. Eine Wunschliste wird nicht abgearbeitet und trotzdem freuen sich die Menschen sehr darüber, dass an sie gedacht wird. Ermöglicht wird das auch durch die Zürcher-Versicherungsgruppe, die unter anderem Geschenke für alle Gäste bereitlegt. Mit dabei sind aber auch Spenden von Privatleuten.
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