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heute in hamburg„Belege für Gewalt und Kannibalismus“

Foto: Christina Körte

Jens Lubbadeh, 44, ist Wissenschaftsjournalist und Buchautor. In seinem Roman „Neanderthal“ zeichnet er ein Bild von Deutschland im Jahre 2054.

Interview: Mareen Butter

taz: Herr Lubbadeh, was bringt die Zukunft?

Jens Lubbadeh: Momentan passiert sehr viel in Sachen Gentechnik. Es gibt eine neue Technologie namens CRISPR, mit der man sehr leicht Erbgut manipulieren kann. Ich denke, dass auch bald der erste Mensch geklont werden wird. In meinem Roman habe ich das in der nahen Zukunft durchgespielt, um vor Augen zu führen, wie künftig unsere Realität aussehen könnte.

Auch ein geklonter Mensch ist eine eigenständige Person. Was spricht dagegen, es zu tun?

Ich bewerte das nicht im Buch. Mein Punkt ist nur, dass sich ethische Standards sehr schnell verändern und irgendwelche Firmen Fakten schaffen. In Sachen Digitalisierung werden wir alle derzeit vom Silicon Valley getrieben.

Wie könnte man die Machtverhältnisse wieder umdrehen?

Mir geht es darum, dass wir unsere Gesellschaft von technischen Neuheiten nicht gestalten lassen, sondern sie selbst gestalten. Klonen von Menschen bewerten wir heute als Tabu, aber das mag sich ändern. In den 70er und 80er Jahren galt künstliche Befruchtung als völlig unnatürlich und die Kirchen liefen Sturm dagegen. Heute ist es Routine.

Was ist neu an Ihrer Dystopie verglichen mit Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ und George Orwells „1984“?

Mein Thema ist nicht die politische Kontrolle des Individuums, sondern die Kontrolle des eigenen Körpers und des eigenen Lebens. Wir erleben Selbstoptimierung und Gesundheitswahn heute schon: etwa bei den Influencerinnen, die ihren perfekt-gesunden Lebensstil auf Instagram öffentlich machen und für Millionen junger Followerinnen zur erstrebenswerten Norm erheben. Ich habe das im Buch weiter überspitzt.

Autorenlesung „Neanderthal – die Jagd ist eröffnet“: 18.30 Uhr, Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes, Sievekingplatz 1, Eintritt frei.

Werden im Jahr 2054 alle unheilbaren Krankheiten ausgerottet sein?

Ich glaube schon, dass eine Menge Krankheiten durch die moderne Medizin behandelt werden können.

In Ihrem Roman hat der Neandertaler einen Wiederauftritt. War er der bessere Mensch?

Das ist eine offene Frage im Buch. Der Neandertaler war auch aggressiv, man hat Belege für Kannibalismus und Gewalt gefunden. Die große Frage ist nur, warum er ausgestorben ist. Wurde er von uns ausgerottet? Wenn ja, warum? Im Buch spekuliere ich, dass er vielleicht zu gutmütig war und gegen unsere aggressivere menschliche Art keine Chance hatte.

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