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heute in hamburg„Die Schönheit interessiert mich nicht“

Foto: privat

Johanna Klier, 37, Architekturfotografin, freut sich über weiteres Material für ihr „Archiv Große Bergstraße“. Kontakt über www.johannaklier.net.

Interview Alexander Diehl

taz: Frau Klier, warum haben Sie sich nicht ein schöneres Objekt gesucht als die Große Bergstraße? Oder, anders gefragt: Was ist der Reiz daran?

Johanna Klier: „Schön“ ist ja immer ein relativer, subjektiver Begriff. Mich interessiert an der Straße nicht ihre Schönheit – wobei ich finde: Sie hat eine gewisse Schönheit –, mich interessiert die Stadt und ihr Wandel.

Wie lange beschäftigen Sie sich damit nun schon?

Ich habe 2010 angefangen mit dem Projekt, als das Frappant-Gebäude bereit zum Abriss war. Da ist mir klar geworden, dass sich dort massiv etwas verändern würde; dass sich diese Straße in einem Umbruch befindet. Und so ist es ja dann auch gekommen. Das ist, was mich interessiert: Wie verändert sich Raum? Wie verändern sich Dimensionen? Was ist Zeitgeist in der Architektur? Das sieht man schön an der Nachkriegsarchitektur und dem Frappant-Gebäude, daran wie die Straße gestaffelt bebaut wurde. Das waren bestimmte Vorstellungen von Raum, das ging in Richtung Futurismus und ist heute nur noch schwer nachzuvollziehen. Weil die Straße nicht gepflegt wurde, ist sie dann über die Jahre verfallen. Und das ist dann das, was niemand mehr „schön“ findet.

Man hat sich also selbst einen Anlass gestiftet, dort etwas zu tun, einen „Schandfleck“ zu beseitigen.

Genau. Die Stadt hat die Straße verfallen lassen. Und was da jetzt hingebaut wird … Es geht im Prinzip immer noch um die gleiche Nutzung, aber es sind andere Formen, andere Materialien, es ist ein anderes Raumkonzept. So etwas über einen langen Zeitraum abzulesen und mit Bildern von früher in Verbindung zu bringen.

Was sich ja vielleicht auch anderswo in der Stadt ablesen ließe. Warum ist diese Straße dafür so besonders gut?

Es war eine der ersten westdeutschen Einkaufszonen, ein Pilotprojekt …

… aber nicht die erste überhaupt?

Nein. Es wird gerne so gesagt, aber die ersten Fußgänger-Einkaufszonen gab es etwa zeitgleich 1953 in Kiel und in Kassel. Und in der DDR waren sie sogar noch früher. Neu war, zu Fuß einkaufen zu gehen, zu flanieren, zu schlendern. Der Superlativ „erste deutsche Fußgängerzone-Einkaufszone“ bezieht sich also auf die erste in einer Großstadt der BRD. Was sich aber auch ablesen lässt, ist das Moment der Gentrifizierung: Dass durch die Aufwertung und die Umstrukturierung die Mietpreise steigen, dass bestimmte Menschen wegziehen, Läden schließen müssen. Das alles findet – wie anderswo auch – in der Großen Bergstraße statt.

„Die Große Bergstraße. Dokumentarische Ansichten einer Hamburger Einkaufsstraße 1950–2017“. Buchvorstellung mit den Autorinnen Johanna Klier und Sylvia Necker: 18.30 Uhr, Große Bergstraße 213 (ehemals „Frau Tulpe“)

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