piwik no script img

heute in hamburg„Projekte mit Ausstrahlung“

Stadtplanung Hamburg sollte viel mehr auf die Lebensqualität achten, findet Manuel Osório

Manuel Osório

57, Politologie und Volkswirtschaftler. Heute ist er Geschäftsführer bei der Gebäude- und Verwaltungsgesellschaft P99.

taz: Herr Osório, steckt Hamburg sein Geld in die falschen Projekte?

Manuel Osório: Ich denke ja. Hamburg konzentriert sich sehr stark darauf, Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie oder Olympia anzuschieben. Auf der anderen Seite steht aber der Bedarf der Bevölkerung, der eher in Richtung Bildung oder Gesundheit geht.

Wollten die Hamburger darum keine Olympischen Spiel in ihrer Stadt?

Hamburg brauchte die Spiele nicht, die Stadt hat ja eigentlich schon eine ganz gut ausgebaute Infrastruktur. Olympia hätte da nichts Wesentliches verbessert. Vielleicht hätte es noch eine U-Bahn-Station irgendwo gegeben oder ein Stadion, das wahrscheinlich auch niemand so richtig gebraucht hätte. Dafür hätte Hamburg sich ein enormes Risiko eingehandelt, dass den Haushalt über Jahre und Jahrzehnte mit Mehrkosten belastet hätte. Das wollten die Leute offenbar nicht.

Wieso konzentriert sich die Stadt trotzdem eher auf große städtebauliche Projekte?

Das ist eine Folge der Internationalisierung der Stadtentwicklung. Weltweit versuchen die Großstädte untereinander zu konkurrieren und auch Hamburg ist in diese Konkurrenz mit eingestiegen. Jetzt stellt sich die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, sich ausschließlich im internationalen Wettbewerb behaupten zu wollen. Oder ob es nicht besser wäre, vorrangig die Lebensqualität der Bewohner im Auge zu behalten.

Was wäre die Alternative zum internationalen Wettlauf?

Das ist eine Frage, die mich umtreibt: Wie könnte ein Projekt aussehen, das den Gemeinsinn auf positive Weise ausdrückt? Die Elbphilharmonie ist es für mich nicht, weil sie nur ganz bestimmte Gruppen anspricht. Der Stadtpark wäre es, aus meiner Sicht, viel eher. Aber der Stadtpark ist kein Gebäude.

Gibt es kleinere Projekte, die aus Ihrer Sicht in die richtige Richtung gehen?

Das Gängeviertel und die Viktoriakaserne. Das sind beides Projekte, die, wie ich finde, eine ganz andere Ausstrahlung und einen ganz anderen Sinn haben als Großprojekte wie die Elbphilharmonie.

Interview: Muriel Kalisch

Vortrag mit anschließender Diskussion „Finanzierung urbaner Zukunft: Fallbeispiele Elbphilharmonie, Olympia und Hafencity“: 19 Uhr, dock europe, Bodenstedtstraße 16

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen