heute in hamburg: „Weiblich konnotiert“
Teilhabe In St. Georg eröffnet die vierte Selbsthilfe-Kontaktstelle für Menschen, die Austausch suchen
54, Sozialpädagogin, ist seit 2012 Leiterin der Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen KISS.
taz: Frau Herrmann, warum brauchen wir eine vierte Selbsthilfe-Kontaktstelle in Hamburg?
Christa Herrmann: Weil sie in St. Georg nahe beim Hauptbahnhof und damit zentraler liegt als diejenigen in Altona, Harburg und Wandsbek. Sie konnten den Bedarf nicht mehr decken. Und von der Kontaktstelle St. Georg aus wollen wir auch Gruppen in Billstedt und Bergedorf betreuen.
Wie funktioniert eine Selbsthilfe-Kontaktstelle?
Wir sind die Anlaufstellen für Menschen, die sich ehrenamtlich, freiwillig, bürgerschaftlich in der Selbsthilfe engagieren möchten. Für Menschen also, die eine Selbsthilfegruppe suchen, weil sie gesundheitliche, psychische oder soziale Probleme etwa mit Scheidung oder Erwerbslosigkeit haben und sich mit anderen austauschen wollen. Bei uns erfahren sie, welche Selbsthilfegruppen es schon gibt oder wie man neue gründen kann. Wir beraten auch über Fördermöglichkeiten und das Antragsprozedere.
Würde als Kontaktstelle nicht eine Telefonzentrale reichen?
Für eine Kontaktstelle ja. Aber wir bieten auch ganz konkret kostenlose Räume an, in denen sich die Selbsthilfegruppen treffen können. Da wir aber nicht allen 1.300 Hamburger Gruppen Räume bieten können, führen wir auch eine Kartei mit weiteren günstigen Raumangeboten etwa bei sozialen Einrichtungen und Begegnungsstätten.
Wie finanzieren sich die Selbsthilfe-Kontaktstellen?
Zu 70 Prozent über die Stadt Hamburg und zu inzwischen 30 Prozent über die gesetzlichen Krankenkassen. Dieser erhöhte Satz gilt seit dem Präventionsgesetz vom 1. Januar 2016 und hat die heute eröffnete Kontaktstelle in St. Georg erst möglich gemacht. Dass wir erst jetzt eröffnen, liegt daran, dass wird diese neue, sich plötzlich eröffnende Möglichkeit nicht so schnell umsetzen konnten. Wir mussten erst Personal und Räume suchen.
Sind Selbsthilfegruppen eigentlich weiblich dominiert?
Ja, es kommen zu 80 Prozent Frauen, das ist bundesweit so.
Wie erklären Sie sich das?
Die Themen Gesundheit und Wohlbefinden sind immer noch weiblich konnotiert. Hinzu kommt: Männer bilden nicht gern Gruppen. Die muss man eher mit „Projekten“ ansprechen. Interview: PS
Die Selbsthilfe-Kontaktstelle St.Georg (Kreuzweg 7) öffnet heute. Inhaltliche Beratung: Mo 10–14, Do 14–18 Uhr. Beratung zur Finanzierung von Selbsthilfegruppen: Mo 10–13, Mi 14–17 Uhr. Tel. 537 97 89 79
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