piwik no script img

heute in hamburg„Gefahrengebiet 2.0“

OSZE Ab heute gibt es ein Bürgertelefon der Polizei für Anwohner der Sicherheitszone für den Gipfel

Florian Osuch

38, wohnt im Schanzenviertel, er befürchtet, dass dieses beim Gipfel zur Sicherheitszone wird. Er arbeitet als Grafiker und Journalist.

taz: Herr Osuch, wohnen Sie in der für den OSZE-Gipfel geplanten Sicherheitszone?

Florian Osuch: Ich weiß nicht, wie die Sicherheitszone aussieht, aber ich gehe davon aus, dass das Schanzenviertel Teil einer Sicherheitszone sein wird.

So, wie die Stadt bisher plant, liegt nur ein einziges Haus darin. Wieso glauben Sie, trotzdem betroffen zu sein?

Bei der Infoveranstaltung am Donnerstag sagte die Polizei ja, dass das, was sie bisher planen, nur eine vorläufige Einschätzung ist, und sie das noch weiter anpassen werden. Es gibt keinen Grund zu glauben, dass das, was sie jetzt zeigen, tatsächlich die Sicherheitszone sein wird.

Was wäre schlimm daran, in der Sicherheitszone zu leben?

Wir haben das ja schon beim Gefahrengebiet erlebt, dass es eine massive Einschränkung im ganzen Stadtteil bedeutete.

Worin denken Sie, werden die Einschränkungen bestehen?

Ich gucke mir vergangene Gipfel an, wie zum Beispiel das OSZE-Treffen letzten Donnerstag in Potsdam, wo die halbe Stadt lahmgelegt wurde – das heißt Polizeisperren, Kontrollen, der nervige Hubschrauber, der 24/7 über der Stadt kreist …

Die Innenbehörde sagt, Ziel sei es, ein ganz normales Leben im Karo- und Schanzenviertel zu ermöglichen.

Ich würde umgekehrt fragen, warum sie davon ausgehen. Auch der Besuch von Obama in Hannover im April hat gezeigt, wie sowas abläuft. Das liegt auch gar nicht in der Hand der Stadt Hamburg, sondern bei den Bundesbehörden und dem US-Präsidenten, der kommt – der entscheidet wahrscheinlich alleine über die Sicherheitsmaßnahmen, da kann sich Herr Scholz auf den Kopf stellen.

Ab heute gibt es ein Bürgertelefon der Polizei für AnwohnerInnen. Würden Sie dort anrufen?

Das ist genau so eine Farce wie die Infoveranstaltung am Donnerstag. Weil sie mich damit einlullen wollen und sagen: „Das wird alles nicht so schlimm.“ Dabei geben sie ja selbst zu, dass das, was sie jetzt präsentieren, nicht das endgültige Sicherheitskonzept sein wird.

Sie befürchten ein Gefahrengebiet vergleichbar mit dem vom Januar 2014?

Wir haben aufgrund dieser Erfahrung eine Vorstellung davon, was auf uns zukommt: Dass Polizei, Innenbehörde und Senat letztlich machen, was sie wollen. Im Nachhinein kommt dann vielleicht raus, dass das nicht rechtens war, aber dann ist der Gipfel gelaufen. Ich gehe davon aus, dass es ein Gefahrengebiet 2.0 wird, das das erste in den Schatten stellen wird.

Interview: KSch

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen