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heute in hamburg„Bananen nachgeworfen“

HUMOR Über rassistische Witze darf man nicht lachen, findet Referentin Sidonie Fernau

Foto: Andreas Weiss
Sidonie Fernau

28, arbeitet als Referentin der Stabstelle Diversität und Migration bei dem paritätischen Wohlfahrtsverband.

taz: Frau Fernau, darf man über Ostfriesen lachen?

Sidonie Fernau: Ich kenne ehrlich gesagt keinen dieser Witze.

Und über Juden?

Nein, Witze über religiöse Minderheiten, wie die Juden in Deutschland, sind diskriminierend. Das Gleiche gilt für Witze über schwarze Menschen oder über andere ethnische Minderheiten. Die Witzeerzähler grenzen sich damit hierarchisch von anderen Gruppen in unserer Gesellschaft ab. Man lacht nicht gemeinsam – man macht sich lustig.

Können die Deutschen wegen ihres historischen schlechten Gewissens über solche Themen nicht lachen?

Ich finde es unpassend, sich über Krieg oder den Holocaust lustig zu machen. Es ist etwas anderes, wenn Menschen, die selbst aus Kriegsgebieten kommen oder Rassismus erlebt haben, Humor als antirassistische Strategie nutzen. Das kann ein Mittel sein, sich emotional abzugrenzen.

Was ist der Unterschied zwischen rassistischem und legitimem Humor?

Der Inhalt unterscheidet sich. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es der Fußballspieler Davidson Eden vom FC St. Pauli nicht lustig findet, wenn auf dem Feld Bananen nach ihm geworfen werden oder Menschen Affengeräusche machen. Aber für die Personen, die sich über ihn lustig machen, ist es vielleicht schon witzig. Trotzdem bleibt es rassistisch – auch wenn es in einen Witz verpackt ist.

Kann man mit Humor Rassismus bekämpfen?

Ja. Das glaube ich schon. Einige Betroffene lachen selbst über solche schlechten Witze. Das kann eine Strategie sein, um mit dem Rassismus umzugehen. Einige Initiativen beziehen sich in ihren Kampagnen ganz bewusst auf Stereotype. Humor kann eine Möglichkeit sein, mit dem Thema leichter bestimmte Personengruppen zu erreichen.

Wie wollen Sie diese Art von alltäglichem Rassismus bekämpfen?

Erst einmal ist es wichtig, Rassismus zu benennen. Das machen wir bei dieser Veranstaltung zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung und i-Slam.

Interview: Anna Dotti

Diskussion und Poetry Slam „Humor und Witz als (anti)-rassistische Strategie!?“ Mit dabei sind Profi-Fußballer Davidson Eden, Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen, Erziehungswissenschaftlerin Ursula Neumann und Poetry-Slamer Youssef Adlah: 17 Uhr, Bodenstedtstr. 16; Anmeldung unter manuela.bluhm@paritaet-hamburg.de

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