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heute in bremen„Wir verstehen uns gut mit der alten Musik“

Foto: Jens Kalaene/dpa

Schorsch Kamerun 57, Regisseur und Autor wurde bekannt als Sänger der „Goldenen Zitronen“ und Betreiber des Golden Pudel Clubs in Hamburg.

Interview Benno Schirrmeister

taz: Haben Sie Sehnsucht nach Gegensätzen, Schorsch Kamerun?

Schorsch Kamerun: Ja, denn davon nährt sich die Welt. Wir brauchen das für ein progressives Sein. Ich bin zum Beispiel sicherlich urban orientiert, denke aber auch manchmal: Weniger Mauer, mehr Natur, wäre schon schön. Oder innerhalb des Urbanen, in der Frage der Gentrifizierung: Ich lebe ja auf St. Pauli in Hamburg und kritisiere Gentrifizierung, weiß aber sehr wohl, dass wir mit unserem Golden Pudel Club die Marke St. Pauli mit stärken. Wir Gegenkulturellen sind also fleißige Top-Gentrifizierer!

Und Theater …?

Kritische Kunst kann solche Widersprüche gut spiegeln, aber kaum, ohne selbst auch widersprüchlich zu sein.

Ist deshalb eine Eroberungsoper wie King Arthur das Werk der Stunde?

Das Stück erzählt ein ziemlich archa­isches Grundmuster, gerade in der Frage, wie es Macht auftreten lässt: Der Regent sagt, Krieg sei im Interesse seines ganzen Volkes, und dafür wird dann rigide Territorium in Anspruch genommen. Zum Glück beinhaltet das Libretto eine tolle Gegenfigur, Emmeline, eine Frau, die erst blind ist und dann sehend wird. Wir nehmen das eher als Metapher, als eine Art Erweckung: Sie kommt in ihrer Umgebung eigentlich gut zurecht, aber im Wachwerden erkennt sie, wie sehr diese von – meist maskuliner – Gewaltausübung durchdrungen ist. „Krieg ist das Geschäft von Königen“ ist ihre Einsicht, und darauf muss folgen, dass es auch anders gehen kann, ohne Machtzentralen. Hier liegt das Moderne in dieser Oper.

Wieso?

Weil sie eine vorausschauende Gegenwelt zu autoritärer Politik aufzeigt, gegen die simplen Lösungen des Populismus, der ja wieder da ist, nächste Mauern baut und spaltende Feindbilder pflegt. In unserer Oper treten dazu Verhandlungsfiguren als Geister, Feen und Zauberer auf. Die kommen aus frühen Wahrheits- und Fake-Welten. Heute wären das Spindoktoren.

Welche Rolle spielt Purcells Musik in der Produktion?

Wir arbeiten mit Originalmusiken und -Texten, erweitern, verschränken und verlängern sie oder übersprechen sie auch. Manchmal loopen wir zentrale Orchesterstellen. Ein erzwungenes Cross-over muss dabei vermieden werden. Ich würde aber sagen: Unser Bremer Spitzenteam aus Musik- und Theaterensemble und vielen weiteren Topprofis, wir verstehen uns ganz gut mit der alten Musik.

Auch wenn Oper so gar nicht zu dem passt, was Sie sonst machen?

Immerhin komme ich aus der Musik und Musiker begreifen einander auch über Sparten hinweg – egal, ob sie virtuos schwierige Partituren durchfliegen oder keine einzige Note lesen können. Am Theater reizt mich die Psychologie der Figuren weniger – sondern vor allem die symbolische Dimension, und die lässt sich bei Musiktheater leichter assoziieren, sozusagen vertonen. Die Herausforderung ist, das sinnig zusammenzubringen. Aber wie gesagt, wir sind ja ganz viele.

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Theater Bremen: King Arthur – Teil I. Premiere heute, 21 Uhr, Goetheplatz, Open Air. Tickets online im Webshop und an der Theaterkasse

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