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heute in bremen„Alle werden verfolgt und überwacht“

Foto: coati

Iryna Shyla

30, ist Vertreterin der belarusischen Diaspora in Bremen und studiert an der Universität Bremen Rechtswissenschaft.

Interview Alina Götz

taz: Frau Shyla, können Sie die Situation in Belarus mit wenigen Worten beschreiben?

Iryna Shyla: Zwei reichen eigentlich: staatlicher Terrorismus. Alle werden verfolgt und überwacht. Versammlungen werden unterbrochen und verboten – egal ob sie Protest sind oder sich Leute einfach vor ihren Häusern treffen. Menschen werden festgenommen oder müssen fliehen. Es gibt eine absolute staatliche Kontrolle der Medien, alternative Medien verlieren ihren Status. Gegen viele Journalisten und andere Menschen laufen Strafverfahren. Es gibt schon sieben Tote, die von Polizeibehörden umgebracht wurden. Aber Ermittlungen finden nicht statt. Und in acht Tagen werden die Grenzen zugemacht. Die Menschen, die verfolgt werden, können dann nicht mehr aus dem Land flüchten.

Warum glauben Sie macht Alexander Lukaschenko das?

Seine einzige Motivation ist, Angst zu verbreiten. Damit keiner sagt, dass er mit dem Regime nicht einverstanden ist.

Haben Sie da Freund*innen oder Verwandte?

Meine ganze Familie ist da. Eine Freundin musste bereits fliehen.

Wie ergeht es denen?

Die haben auch an den Protesten teilgenommen. Aber jetzt nicht mehr, weil sie sich bedroht fühlen. Vor allem Frauen haben Angst, weil ihnen damit gedroht wird, ihnen das Sorgerecht für ihre Kinder zu entziehen. Sie geben nicht auf, schicken die Männer zu Protesten. Aber wenn ein Mensch hingeht, weiß man auch: Es kann passieren, dass er gar nicht oder verkrüppelt wiederkommt.

Wie viel Aufmerksamkeit dafür gibt es hier?

Wir machen schon seit vier Monaten die Kundgebungen, aber sie erhalten leider sehr wenig Aufmerksamkeit. Aber vor Kurzem haben wir die politischen Parteien in Bremen kontaktiert und uns auch mit einigen getroffen. Alle haben ihre Unterstützung zugesichert. Und wir haben darüber gesprochen, ein Solidaritäts-Komitee zu gründen. In der Weihnachtszeit entwickeln wir ein Konzept dafür.

Was soll das bringen?

Kundgebung für die Gefangenen der Proteste in Belarus, 14 Uhr, Marktplatz

Es hat symbolischen Charakter. Es zeigt, Bremen ist solidarisch. Und dadurch können Leute zusammengebracht werden, die sich für das Thema interessieren. Denn viele fragen uns, was sie eigentlich tun können. Sie wollen nicht nur zusehen.

Und was können wir tun?

Uns bei Kundgebungen unterstützen. Oder die „Belarus Solidarity Foundation“, mit der wir Opfern und Menschen, die ihren Job verlieren, helfen. Oder einfach laut aussprechen, was in Belarus passiert. Man kann auch seinen Abgeordneten Briefe schreiben und sie auffordern, sich für Belarus einzusetzen. So eine öffentliche Nachfrage kann die Grundlage für deren Handeln sein. Und damit auch für weitere Sanktionen gegen die Führungsebene des Lukaschenko-Regimes.

Was wünschen Sie sich für Belarus?

Was viele nicht wissen: Wir wünschen uns einen Dialog zwischen der EU und Russland über Belarus. Es geht uns gar nicht darum, dass sich Belarus der EU anschließt. Es geht erst einmal um die grundlegenden Menschenrechte, die wir zurückfordern. Dann wollen wir Wahlen. Und dann kann das Volk selbst entscheiden, was es möchte.

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