heute in bremen: „Aufwertung ist so wichtig“
Annette Düring, 59, Diplom-Pädagogin, ist seit 2009 DGB-Chefin der Region Bremen-Elbe-Weser.
Interview Teresa Wolny
taz: Frau Düring, beschreiben Sie die Lage der Altenpflege in Bremen in drei Worten!
Annette Düring: Das ist nicht einfach. Die Lage ist angespannt, wenn nicht sogar katastrophal. Eigentlich ist das aber ein toller Job und was wir jetzt machen müssen, ist aufwerten, aufwerten, aufwerten.
Was hat sich seit dem letzten taz Salon zum Thema vor zwei Jahren bewegt?
Es wird mittlerweile viel intensiver über Pflege geredet. Ein wichtiges Thema, über das diskutiert wird, sind Personaluntergrenzen. Aber wir kommen mit der Ausbildung nicht hinterher.
Woran liegt das?
Wir haben das Problem erkannt, aber wir haben den Nachwuchs nicht, deswegen ist die Aufwertung auch so wichtig. Bei der Pflege reden wir ja immer über zwei verschiedene Sachen: die Alten- und die Krankenpflege. Die generalistische Ausbildung hat zur Folge, dass die Menschen schauen, wo es mehr Geld gibt, und das ist immer noch im Krankenhaus. Die Altenpflege muss nachlegen. Wir haben bei dem Thema Pflege jahrelang geschlafen und die Infrastruktur muss jetzt wieder aufgebaut werden.
Wie kann das gelingen?
Neben besserer Bezahlung und einer guten Karriereleiter müssen bessere Arbeitsbedingungen und vor allem mehr Wertschätzung geschaffen werden. Dafür muss alles ausgeschöpft werden. Dabei müssen die Hochschulen und Altenpflegeschulen mit einbezogen und es muss auch über Karrieremöglichkeiten nachgedacht werden. Nachdem man eine Zeit lang in der Altenpflege gearbeitet hat, muss es Möglichkeiten geben, etwas anderes zu machen, zum Beispiel Lehrkraft in der Ausbildung zu werden. Wir sollten uns auch viel mehr mit dem Thema beschäftigen, wie wir in Zukunft wohnen wollen.
taz Salon: Altenpflege am Limit – mit den pflegepolitischen Sprecher-*innen von Rot-Grün-Rot und Sozialsenatorin Anja Stahmann, Lagerhaus, 19 Uhr
Das heißt?
Wir werden älter und bleiben mobiler, auch dafür braucht es mehr Möglichkeiten. Bremen ist dabei mit Modellen wie etwa Mehrgenerationenhäusern schon gut unterwegs. Das muss noch mehr ausgebaut werden. In der Studie zu Personaluntergrenzen kamen je nach Pflegegrad unterschiedliche Höhen für Fach- und Hilfskräfte heraus. In der Gesamtschau waren das viel mehr Hilfskräfte, weil mehr Unterstützung gebraucht wird. Wir müssen hier definieren, was Hilfskraft heißt, denn auch diese brauchen eine gute Ausbildung. Eines von vielen Beispielen ist der Umgang mit unterschiedlichen Formen von Demenz.
Was drängt am meisten?
Wir haben eine Grundlage, aber wir müssen mehr Motivation reinbringen. Dieser Beruf muss gut bezahlt werden und bessere Arbeitsbedingungen bekommen, damit wir Menschen von ihm überzeugen können.
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