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heute in bremen„Realpolitiker mit utopischen Zielen“

Wolfgang Eichwede, 77, ist Gründungsdirektor der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen.

Interview Klaus Wolschner

taz: Herr Eichwede, Adam Michnik kommt zu der Gedenkveranstaltung „1939-1989-2019“ ins Bremer Rathaus. Warum er?

Wolfgang Eichwede: Adam Michnik ist einer der großen osteuropäischen politischen Denker des 20. Jahrhunderts. Er war 1968 einer der rebellischsten Studenten in Polen, er ist in den 1960er-Jahren dreimal von der Universität geflogen. Als linker jüdischer rebellischer Student hat er in den 1970er-Jahren zu einem Dialog mit der katholischen Kirche aufgerufen.

Warum wollte er das?

Er wollte neue Allianzen, um einen „evolutionären“ Abschied von dem sowjetischen System zu finden. In Polen haben mehrfach die Arbeiter rebelliert, er war einer der wichtigen Berater von Solidarnosc. Er hat später einmal der sowjetischen Führung einen Kompromiss angeboten, nach dem das neue Polen den Warschauer Pakt und damit die sowjetischen Interessen respektieren sollte. Er ist ein großer Realpolitiker mit utopischen Zielen. Das ist in vielen Zeitungsartikeln und in seinem Buch „Der lange Abschied vom Kommunismus“ nachzulesen.

Sind die heutigen polnischen Zustände Teil eines Kompromisses?

Nein. Michnik ist seit 1989 Herausgeber der liberalen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“, einer der wichtigsten Stimmen der kritischen linksliberalen Opposition.

Wird Michnik denn erklären, warum der demokratische Aufbruch in Polen in die heutige Entwicklung des Landes geführt hat?

Das wird er sicherlich ansprechen. Es geht in Polen ja nicht nur um eine Machtkonstellation, in der ein marodes Regime gegen die Intellektuellen des Landes steht und nicht nur bei den Bauern, sondern auch bei enttäuschten Arbeitern Unterstützung findet.

Vortrag und Diskussion: „1939 – 1989 – 2019“ von Adam Michnik, 18 Uhr, Obere Rathaushalle

Mit welchen Auswirkungen?

Diesem polnischen Regime ist eine Mobilisierung von Nationalismus gelungen, übrigens ja auch in anderen Ländern. Da wird die gesamte polnische Geschichte in einer verquasten Weise neu interpretiert. Und bisher erscheinen die Köpfe des „Runden Tisches“, die 1989 die Transformation Polens zur dritten Republik erreicht haben, ratlos. Ausgangspunkt des Vortrages Michniks ist aber der erste September 1939. Ich bin mal gespannt, wie er den Bogen von 1939 zu der deutschen Vereinigung 1989 spannen wird.

Warum ist diese Veranstaltung am 22. 8. und nicht am ersten September?

Weil an diesem Tag der Bremer Bürgermeister und auch Adam Michnik in Danzig sein werden.

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