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heute in bremen„Kommt drauf an!“

Dagmar Borchers, ist Professorin für angewandte Philosophie an der Uni Bremen und startete das neue Zentrum für Entscheidungsforschung.

Interview Gareth Joswig

taz: Frau Borchers, wenn Sie sich entscheiden müssten: Kopf oder Bauch?

Dagmar Borchers: Kommt drauf an! Bauchentscheidungen können wir uns leisten, wenn wir Kompetenzen und viel Erfahrung im betroffenen Gebiet haben. Es gibt aber auch gravierende Entscheidungen, bei denen eine Problemanalyse wichtig ist. Die Partnerwahl etwa ist beides: eine klare Bauchentscheidung, aber auch eine, die sorgfältig abzuwägen ist. Helfen können Pro-und-Contra-Listen.

In dem neuen Zentrum für Entscheidungsforschung soll auch Thema sein, inwiefern Computer, Pilze und Tiere Entscheidungen treffen. Wie bitte?

Wir erforschen interdisziplinär Entscheidungsverhalten. Agenten in der Forschung reichen dabei vom Schleimpilz über individuelle Menschen bis hin zu kollektiven Börsenmaklern und Gremien. Die Klärung des Entscheidungsbegriffes spielt dabei eine zentrale Rolle.

Wie treffen Börsenmakler*innen, welche die Welt von einer Krise in die Krise nächste reiten, ihre Entscheidungen?

Deren Entscheidungen sind strategisch und rational, aufs eigene Wohl bedacht. In bestimmten Kontexten geht es um nichts anderes und das ist auch okay, kann aber unbeabsichtigte und unvorhersehbare Folgen haben. Da Menschen schlechte Entscheidungen treffen, wenn sie innerhalb komplexer Zusammenhänge den Überblick verlieren , können die Gesamtfolgen manchmal sehr negativ ausfallen.

Strategisch ist es allerdings nicht sonderlich klug, den Planeten zu verbrauchen, oder?

Natürlich nicht, aber daran sind wir alle beteiligt mit zahllosen „kleinen Entscheidungen“: Wir sind unter anderem Konsumenten, die Auto fahren und dreimal im Jahr in den Urlaub fliegen wollen.

Eröffnung des Zentrums für Entscheidungsforschung: ab 9 Uhr, Haus der Wissenschaft. Vorträge, etwa zu „komplexen Entscheidungen unter Zeitdruck“, gibt es ab 10.30 Uhr

Was hilft gegen schlechte Entscheidungen?

Es ist sicherlich gut, wenn Entscheidungen von gemischten Gruppen mit unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungshintergründen getroffen werden. Kritiksysteme sind ebenso wichtig wie eine Fehlerkultur. Es gilt, die Mechanismen der Selbstüberschätzung einzuschränken.

Wieso braucht es einen Studiengang für Entscheidungen und warum leben wir in einer Entscheidungsgesellschaft?

In unserer individualisierten Gesellschaft werden vom Einzelnen eine Unmenge gravierender Entscheidungen erwartet. Manche Studenten fühlen sich in ihrer Studienwahl von der Vielzahl der Optionen überfordert, weil sie alles richtig machen wollen und Angst vor Fehlern haben. Einige denken, dass eine falsche Wahl gleich das Leben ruiniert – was zum Glück ja überhaupt nicht stimmt. Aus Fehlern lernen ist eine wichtige Erkenntnisquelle im Leben – sofern man nicht gerade Pilot oder Herzchirurg ist.

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