heute in bremen: „Viele machen dann eine Therapie“
Interview Simone Schnase
taz: Frau Bode, wie machen sich die Folgen des Zweiten Weltkriegs bei der Enkel-Generation bemerkbar?
Sabine Bode: Häufig in Lebenskrisen, aus denen man sich nicht mehr erholt – wenn man beispielsweise seine Arbeit verloren hat und dann nicht mehr in die Hufe kommt. Viele machen dann eine Therapie und werden so angeregt, sich mit der Familiengeschichte zu beschäftigen.
Erzählen die Eltern selbst zu wenig darüber?
Ja, denn sie sind ja selbst mit Schweigen oder geschichtlichen Umdeutungen groß geworden. Ich bekomme unglaublich viele Mails, in denen steht, dass es nicht leicht ist, Kinder dieser Eltern zu sein, weil die emotionale Beziehung zu ihnen schwierig ist.
Gibt es da Unterschiede in Ost- und Westdeutschland?
Ja. Ich merke, dass das Interesse in Ostdeutschland an diesem Thema sehr klein ist. Das hat sicher damit zu tun, dass nicht nur familiär, sondern auch staatlich geschwiegen wurde; in der DDR gab es ja offiziell keine Nazis. Aber in Bezug auf Pegida oder die AfD würde sich dieser Blick zurück sicher lohnen.
Ist Rechtspopulismus Resultat dieses fehlenden Blicks?
Lesung und Diskussion „Kriegsenkel – Die Erben der vergessenen Generation“ von Sabine Bode, 19 Uhr, Schnürschuh-Theater
Bestimmt auch. Denn deren Anhänger eint, dass sie sich unsicher und als Opfer fühlen. Ich habe viele Menschen kennengelernt, die dieses Gefühl hatten, durch das Wissen um die Ursachen dafür aber ihren Frieden mit dem eigenen Schicksal gemacht haben.
Rechte Bewegungen gibt es nicht nur in Deutschland …
Natürlich nicht. Das Buch „Hillbilly Elegie“ ist beispielsweise sehr erhellend, um den Wahlsieg von Trump zu begreifen. Da ist überhaupt keine Rede von Vietnam, obwohl gerade in diesem Milieu sicher viele Menschen Kinder von Vietnam-Veteranen sind.
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