heute in bremen: „Kinderarbeit ist ein Problem“
Gertraud Gauer-Süß, 54, ist Geschäftsführerin des „Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung“ und koordiniert die lokale Aktionsgruppe der Kampagne für Saubere Kleidung.
Interview Jean-Philipp Baeck
taz: Frau Gauer-Süß, sollte man Baumwolle tragen?
Gertraud Gauer-Süß: Man kann und sollte Baumwolle tragen. Es kommt aber darauf an, woher sie stammt. Baumwolle ist eine Naturfaser und insbesondere, wenn sie ökologisch angebaut ist, macht es Sinn. Sie wird einerseits von afrikanischen Kleinbauern angebaut, die sie als Cash Crops verkaufen – und andererseits auf riesigen Plantagen, in sehr trockenen Gebieten, wo extreme Bewässerung, Pestizid- und Düngereinsatz nötig ist. Da wird es ökologisch fragwürdig.
Wie sind die Arbeitsbedingungen bei der Baumwoll-Produktion ?
Auch da lohnt es sich, hinzuschauen und zu differenzieren. Im großen Maßstab wird maschinell geerntet. Aber in manchen Regionen gibt es auch noch Kinderarbeit.
Wo wäre das?
Aus Usbekistan wird immer noch berichtet, dass der Staat zur Erntezeit begünstigt, dass Schüler und Studierende eingesetzt werden und, statt in die Schule zu gehen, ernten müssen. Auch in Teilen Indiens ist Kinderarbeit ein Problem, allerdings sollte man Kinderarbeit und Familienbetriebe unterscheiden.
Insgesamt wird heute bei Baumwolle aber mehr auf Nachhaltigkeit geachtet?
Das ist eine Frage der Definition. In der Tat gibt es kaum einen der sagt, dass er nicht nachhaltig produziert. Aber wenn es darum geht, ob ökologische und soziale Mindeststandards eingehalten werden und das Ganze dann noch nachvollziehbar und überprüfbar ist, reduziert sich das. Es gibt eine Handvoll anerkannter Label und Siegel und daneben aber viele Firmen, die versuchen, den Anschein zu erwecken, ökologisch und sozial verträgliche Kleidung herzustellen.
„Internationale Baumwolltagung Bremen“ über die „Rückverfolgbarkeit von Baumwolle“, Fachkonferenz bis Fr., 23. März,Bremer Baumwollbörse, Wachtstraße 17-24
Auf der Internationalen Bauwolltagung dreht sich bis Freitag alles um die „Rückverfolgbarkeit“ von Baumwolle. Sind die Probleme damit alle gelöst?
Bei ökologischen Standards lässt es sich leichter feststellen, ob sie in der Produktion eingehalten wurden, als bei soziale Kriterien. Grundsätzlich ist Transparenz in der Lieferkette ein großer Schritt – und seit Langem eine Forderung der Kampagne für Saubere Kleidung.
Das heißt, Sie werden nicht demonstrieren?
Nein. Es kommt bei den Händlern Bewegung in die Sache und man nimmt sich des Themas an. Das ist sehr gut.
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