hauptstadtkultur: Die Revolution ist ausgeblieben
Kultursenator Christoph Stölzl hat Recht behalten. „Niemand träumt davon, Berlin zu einer Kulturhauptstadt zu machen“: Solche Worte des gebürtigen Bayern mochten in den Bundesländern bislang allenfalls als billige Beschwichtigungstaktik durchgehen. In Wahrheit, so argwöhnten die Kultusminister, wolle der Bund die Finanznot des armen Berlin instrumentalisieren, um seine Kompetenzen in der Kulturpolitik drastisch zu erweitern.
Kommentarvon RALPH BOLLMANN
Dazu kommt es vorerst nicht. Die Liste der künftigen Bundeseinrichtungen in Berlin, auf die sich Stölzl jetzt mit Staatsminister Michael Naumann geeinigt hat, bewegt sich – weit mehr, als alle Verlautbarungen ahnen ließen – in konventionellen Bahnen. Hätte der Bund ein Orchester oder ein Opernhaus unter seine Fittiche genommen, dann wäre das in der Tat eine Revolution gewesen. Bayern, hatte der Münchner Kultusminister Hans Zehetmair schon vorsorglich gezetert, finanziere die Staatsoper am Max-Joseph-Platz ja auch alleine.
Stattdessen geht Naumann jetzt auf Nummer Sicher – und nimmt Berlin einfach nur die Last für Institutionen ab, an denen der Bund schon bisher maßgeblich beteiligt war. Für den größten Brocken, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, liegt der verfassungsrechtliche Persilschein schon in der Schublade: Als der Kulturkoloss vor mehr als 40 Jahren ins Leben trat, sahen die roten Roben aus Karlsruhe keinen Verstoß gegen den Föderalismus.
Der Einstieg bei der Stiftung hat für den Bund aber nicht nur juristische, sondern ganz handfeste finanzielle Vorteile. Zwar sind auch die ehemals preußischen Museen und Bibliotheken keine Insel der Seligen mehr, im Vergleich zur Berliner Defizitwirtschaft handelt es sich aber um eine kerngesunde Institution – wie schon der Vergleich zwischen der Staatsbibliothek und den landeseigenen Universitätsbibliotheken erhellt.
Der Bund weiß also, worauf er sich finanziell einlässt. Auf den selbst verschuldeten Haushaltsrisiken etwa bei den defizitären Opernhäusern bleibt das Land sitzen. Die Botschaft ist klar: Seine Hausaufgaben muss das Land Berlin schon selber machen.
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