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hass von hammer zu hammer

von kathrin elektra passig

Ich muss mich hier doch noch einmal den Frauendingen widmen, obwohl die Geschlechterfrage eine ernste Sache ist, wie man mir inzwischen mehrfach mitgeteilt hat. Man muss aber auch als Frau, so klärt mich mein taz-Trainer auf, nicht immer alles passiv hinnehmen.

Neulich nämlich äußerte ich Unfeministisches auf dieser Seite, einerseits, um dem Patriarchat ein bisschen schönzutun, und andererseits, weil das in meiner „denkfaulen und Fun-liebenden Generation“ (Leserin M.) so Sitte ist. Nicht etwa Provokationswille war es, der mich dazu trieb – aus dem Alter bin ich weitgehend raus –, sondern blinde Unwissenheit, für die man nie zu alt ist. Denn obwohl ich hin und wieder die taz lese, war mir unbekannt, dass Geschlechterkriegsberichterstattung heute noch zu öffentlichem Wehgeschrei anstiften kann. Aber ein solches erhob sich, und ich bekam von der taz-Kolumnistin Viola Roggenkamp unter Einsatz unanständigster psychoanalytischer Wörter gezeigt, wo der Hammer hängt. (Ich bitte meine phallisch durchdrungene Metaphorik zu verzeihen. Wir Steigbügelhalterinnen des Patriarchats neigen ein bisschen zur Verherrlichung des Hammers.)

Ich sei zum Beispiel, bemängelt Leserin M., wohl nicht in der Lage, wahrzunehmen, dass „es doch aber viele andere Frauen gibt, die eine gewisse Unterdrückung an sich bzw. ihrem Geschlecht feststellen bzw. auch wissenschaftlich belegen können“. Das ist nun so was von gar nicht wahr, denn mit Unterdrückung an mir bzw. meinem Geschlecht sowie dem anderer Leute kenne ich mich aus. Manchmal steh ich sogar nachts extra dafür auf.

Der Hauptvorwurf aber lautete merkwürdigerweise, ich könne Papi und Mami nicht leiden – und das, wo beide im inkriminierten Text nicht mal am Rande vorkamen. Wenn das meine Eltern erfahren, setzt es wieder Schläge zu Hause. Vielleicht war’s aber auch nur eine Verwechslung, denn meine Mutter heißt gar nicht Klytämnestra von Bönninghausen, und bei der „Waffe des toten Vaters“, die ich „jahrelang bewahrt“ habe, handelt es sich vielmehr um das Beil meiner verstorbenen Großtante Agamem ... – nein, Mili, und ich brauch es nur zum Holzhacken.

Drittens und überhaupt könne ich keine Frauen leiden. Da kommen wir der Sache nun schon näher, denn wenn ich so über Frau Roggenkamp nachdenke, ihre Leserinnen oder über Frau A., die neulich allen Ernstes auf einer Mailingliste anfragte, ob die Sonne in Südamerika eigentlich im Westen aufgehe, dann gehen mir Frauen in der Tat gewaltig auf den Sack, und ich will austreten!

Im anderen Verein jedoch gibt es Gestalten wie Francis, der mir ansonsten unbekannt ist, aber beharrlich per SMS erklärt, er plane mich mit seinem 22/5 CM XXL BEASTIE COCK zu VERFÜHREN+VERWÖHNEN, so dass ich MEHR ALS 7MAL ECHT VAGINAL ORGASMUS KRIEGEN würde. Die uralte Menschheitsfrage, wer denn nun blöder sei, Männer oder Frauen, muss also wohl vorerst offen bleiben. Aber die Geschlechtsumwandlung ginge jedenfalls auf Firmenkosten, versprechen meine Kollegen. Wenn ich danach programmieren kann.

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