hamburger szenen : Freudensprung für Köhlbrand
Hafenrundfahrten sind was Feines. Besonders bei Nebel und mit gänzlich meeresunkundigen Besuchern. Und wird gar eine anderthalb Stunden währende Variante geboten – wer könnte widerstehen! Allein der Aufbruch verzögert sich erheblich, bis man begreift: Zum Aufwärmen war die Extrazeit gedacht; genau eine Stunde lang nämlich schippert das Schiff dann durch Hamburgs Wellen.
Und was da nicht alles geboten wird: die Köhlbrandbrücke von unten etwa; zerspringen möchte man vor Begeisterung. Nicht der Rede wert, dass dem Schiffsführer einzig faktenfreie Worte der Bewunderung entgleiten. Firmennamen im alsdann erkundeten Hinterland liest er später vor – vielleicht ist ja der eine oder andere Analphabet an Bord.
Überhaupt das Hinterland: Aufs Leidenschaftlichste lässt sich hier eventueller antibürgerlicher Sozialisation frönen, wird doch getreulich alles ausgelassen, was in den Ruch touristenkompatibler Attraktionen kommen könnte. Auch von Containerriesen keine Spur. Sympathisch vermodernde Kaimauern, stilvoll rostende Schrottlager kann man dafür bewundern. Und wer hätte gedacht, dass auch abseits der Ozeanriesen-Flaniermeile Container mit der Aufschrift „China Shipping“ lagern? Ja, das ist schon höchst hintergründig – und wenn man es recht bedenkt, befindet man sich hier am Geburtsort der Philosophie: Haben denn nicht schon die Altvorderen gepredigt, dass Phantasie alles sei und Materie nichts? Eben. PETRA SCHELLEN