hamburger szene : Unterwegs in Ottensen
Ich kannte die Frau noch nicht lange. Deshalb habe ich ihr auch geglaubt, als sie sagte, sie kenne da eine nette Lokalität in Ottensen, in der man den charmanten Abend fortsetzen könnte. In der netten Lokalität hingen blaue und lila Neonröhren an der Wand. Im ersten Stock wurde geraucht und kalter Zigarettenqualm zog über die schon lange nicht mehr modernen Metalltreppen ins Erdgeschoss.
Im hinteren Teil der netten Lokalität saß ein älterer Mann, der sich Haarsträhnen über die Glatze gekämmt hatte und versuchte, die Hand einer deutlich jüngeren Frau zu halten. An der Bar saßen viele 16-Jährige aus der Vorstadt und aus Eppendorf.
Alles war so wie damals im „Elephant“. Das „Elephant“ in München-Schwabing, in dem wir 1993 zwei Stunden an einem Weizen nuckelten, weil wir uns mit 16 kein Zweites leisten konnten. Im „Elephant“ gab es auch blaue und lila Neonröhren.
Ich hab mir dann noch was zum Essen bestellt. Gebratene Nudeln. Weil die „hier ganz toll sein sollen“, wie mir meine Begleitung versicherte. Tatsächlich waren die Nudeln ziemlich versalzen und an Flaschenhals und Öffnung meiner Bionade klebte eine glibbrige, farblose Substanz.
„Na? Hat’s geschmeckt?“ fragte die stark überschminkte Kellnerin, als sie meinen vollen Teller wieder abräumte. „Nö. War versalzen.“ – „Vielleicht ist der Koch ja verliebt?“ fragte meine Begleitung. Die Kellnerin schüttelte den Kopf. „Das kann gar nicht sein. Der ist schwul.“ PHILIPP DUDEK