grüne strukturdebatte: Chance verpasst
Es wäre jetzt leicht, wieder über die auch in Krisenzeiten mit sich selbst beschäftigten Grünen zu lästern. Doch das wäre zu billig. Die Grünen sind schlicht an einem Punkt angelangt, an dem sie sich klar machen müssen, ob sie an Traditionen festhalten oder eine neue Struktur wollen. Das lässt sich nicht länger aufschieben, auch wenn außerhalb der Parteitagssäle nicht Satzungen, sondern Steuern und Arbeitsplätze interessieren.
Kommentar von STEFAN ALBERTI
Es ist eine andere Art von Alltagsferne, die den Grünen vorzuwerfen ist. Transparenz, keine Ämterhäufung, das sind Begriffe, die die Befürworter der Trennung von Amt und Mandat vorbringen.
Dummerweise für die grüne Basis wird der Politalltag von anderen Dingen bestimmt. Von Medienpräsenz etwa. Wer eine Idee hat, muss sie auch außerhalb von Parteitagen vermitteln können, sonst bleibt sie weithin ungehört. Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses aber steht fast ausschließlich die Fraktion im Abgeordnetenhaus. Als führende Köpfe werden nicht die Parteivorsitzenden, sondern die Fraktionschefs Sibyll Klotz und Wolfgang Wieland wahrgenommen. Und dann gibt es ja noch sonstiges Spitzenpersonal wie Bundesministerin Renate Künast. Das ist gut für die Berliner Grünen, aber schlecht für die Parteichefs. Die dürfen sich eher anhören, dass sie nur eine Verlegenheitslösung sind, weil die anderen nicht dürfen oder weil der Job zu schlecht bezahlt ist. Gerade diesen Makel hätte man ihnen mit einem Schlag nehmen können. Das Ende der Trennung von Amt und Mandat hätte vielleicht mit einer Tradition gebrochen, aber ein anderes urgrünes Prinzip gestärkt: Denn demokratisch an die Parteispitze gewählt sind nur Michalik und Heyer-Stuffer. Daran zu erinnern, haben die Grünen verpasst. Leider.
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