gottschalk sagt : Fortschritt dank der CDU
CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag
Meine momentane Lieblingsfernsehreklame ist die von der LBS, die auf einem Bauwagenplatz spielt. Ingo Naujocks spielt Horst, der sich auf der Empore seines Wagens mit einem süßen ungekämmten Bauwagenkind, seiner Tochter vermutlich, unterhält. Sie erzählt ihm, wie andere Kinder in ihrer Klasse wohnen, mit eigenem Zimmer oder Blick auf die Stadt und so, und er antwortet: „Das sind doch Spießer.“ Darauf sagt sie: „Du Horst, wenn ich groß bin, werde ich auch Spießer.“
Im Hintergrund sieht man ein original Bauwägler-Idyll mit Feuer, trommeldem Hippie, LKW mit Transparent und Bauwagen, die nicht ganz so propper aussehen, wie der von Peter Lustig. Ein netter, echter Platz, mit Sympathie gefilmt. Bausparkassen finden Bauwagenplätze also gar nicht mehr so übel und auch die Kölner CDU hat den Umzug des Kölner Platzes „Wem gehört die Welt?“ nach Niehl im Beschwerdeausschuss verteidigt. Es gibt doch noch Fortschritt. Die Verwaltung spricht gar von einem weiteren kulturellen Angebot für das Veedel. (Sitzen in der Verwaltung heimliche Fans der Punkband „Radioaktive Toys“?).
Alles könnte so schön sein, wäre da nicht der Nervsack vom Dienst: der gemeine Anwohner. Von nichts eine Ahnung, aber immer erstmal Unterschriften sammeln. In diesem Falle gegen den Bauwagenplatz, wegen „Belastung für das Viertel“, „Ratten“, und „den Kindern“. Und wegen eventueller Mietminderung und Leerstand in den umliegenden Häusern und wegen der „geschäftsschädigenden Wirkung“. Die anderen beiden Heckenpenner sind also auch wieder dabei: der Einzelhandel und der Vermieter. Es sind doch immer die selben!
Am momentanen Standort des Platzes, der Krefelder Straße, verfiel kein Immobilienpreis und sank auch keine Miete wegen der Bauwagen. Die Ratten gingen, als die Katzen kamen. Der Einzelhandel (insbesondere „Kiosk 99“, „Die Getränke Profis“ und „Praktiker Baumarkt“) und die Gastronomie („Meerheimer Imbiß“) hatten sogar Umsatzsteigerungen zu verzeichnen. Aber Einzelhändler, Vermieter und Anwohner sind ja taub für vernünftige Argumente.
Was also die Beschwerde der Anwohner angeht, kann ich der CDU nur voll und ganz zustimmen. Ich glaube, ich bin jetzt groß.