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Archiv-Artikel

galerienspiegel

Von PS

Hafenstadt Dokumente – Installation und Fotografie von Tranquilium: „Wachsende Stadt“ lautet das Credo des gerade zwei gewordenen Bürgermeisters. In stetiger Ausdehnung – jedenfalls, was den Glas-, Beton- und Stahlanteil betrifft – ist auch die Hafencity, die dereinst zum neuen hochglänzenden Zentrum mutieren soll – auch wenn die konkrete Wohnlichmachung des nächtens krimitauglichen Geländes vorerst im Hintergrund zu stehen scheint. Künstler dürfen stattdessen gelegentlich auf den verbliebenen Brachflächen phantasievoll walten. Im Sommer 2005 war das zum Beispiel der Fall, als ein entsprechender Projektwettbewerb ausgerufen wurde. Geschäftig ging‘s da zu – allein es ist der Mensch, den die jetzige Ausstellung des Hamburger freien Fotografen Tranquilium sucht. Denjenigen, der irgendwo versonnen pausiert, auch eine, die mit vorsichtshalber aufgespanntem Schirm unterm Lastenkran verweilt, hat er eingefangen. Nützen würde die Schutzmaßnahme im Zweifel nicht – aber ist es nicht eine gelungene Metapher für das ständige, irrationale Sicherheitsbedürfnis des Menschen angesichts stetiger, unberechenbarer globaler Bedrohungen?

Eröffnung: Fr, 24.2., 20 Uhr, Ausstellungsraum Linda; Do 7–21, Fr 20–22, Sa 20–22, So 16–19 Uhr; Kunstverein Linda, Hein-Hoyer-Str. 13; bis 8.3.

Dorothea Heinrich und Benjamin Nachtwey – Qua e là: Wie sind sie zu fassen, die Facetten der Sehnsucht? Ist es der scheinbar objektiv dokumentarische Reisebericht, der die Suche nach verborgenen Romantizismen geradezu herausfordert – oder sind es tatsächlich jene asymmetrischen, ohne exakte Ortsbezeichnungen präsentierten, die Dorothea Heinrich, in Schwarzweiß gehalten, herstellt und explizit als Dokumente subjektiven Empfindens definiert? Und ist es der Wunsch nach Behaustsein oder die Trauer über die Unerreichbarkeit so vieler phantastischer Orte, die ihre Bilder ein wenig wie Kulissen erscheinen lässt? Am Phänomen der Distanz arbeitet sich auch Benjamin Nachtwey, 1962 in Hamburg geboren, ab: Immer ein wenig unzugänglich wirken seine blauen Pools, an denen schneeweiße Liegestühle stehen – allein: Man könnte sich nicht so recht vorstellen, sich in ihnen zu sonnen, kann kaum glauben, dass der Durchschnittsmensch in diese perfekt folienhafte Landschaft passt. Aber vielleicht täuscht man sich auch – und passt schon deshalb perfekt dort hinein, weil man selbst, sich individuell wähnend, seinerseits längst zur flachen Folie verkommen ist.

Eröffnung: Fr, 24.2., 20 Uhr, Frise, Arnoldstraße 26-30; Fr–So 16–18 Uhr; bis 12.3.

Insa Winkler – Vegetabile Systeme: Wenn man sich nicht vor ihnen fürchtet – und dafür besteht in der Regel kein Alass – dann sind sei eigentlich ganz herzig, die winzigen Eichelschweine, die – im Rahmen einer Intervention in der Landwirtschaft – säuberlich auf Kübel mit Eichentrieben verteilt sind, und vermutlich vor wenigen Momenten der beliebten Herbstfrucht entsprangen. Aber was hat er andererseits zu bedeuten, der Schlauchgarten, den die Künstlerin einst für die Oldenburger Innenstadt entwarf; will das künstliche Material ernsthaft suggerieren, Teil der allumfassenden Natur zu sein? Kaum denkbar, solch eine Vermessenheit – und doch ein Gedanke, der sich aufdrängt angesichts der aus verschiedensten Materialien geschaffenen vegetabilen Formen, die fast so aussehen, als hätten sie irgendwelche Saturn-Menschen herabgeworfen, um live zu prüfen, ob sie in der Lage wären, die erdengemachte, menschengepflegte Natur auf Dauer zu überwuchern. Aber das wird wohl eher der – ebenfalls aus verschiedensten Materialien stetig generierte – menschengemachte Abfall bewerkstelligen.

Di–Fr 12–18, Sa 11–15 Uhr; Galerie Renate Kammer, Münzplatz 11; noch bis 25.2. PS