für Tempo 50: Wegelagerei statt Politik
Kommentar
von Martin Reeh
In vielen klammen Kommunen dürften sie jetzt auf Suche gehen. Wo liegt eine Schule, ein Altenheim an der örtlichen Bundesstraße? Dort kann nun kurzerhand eine Tempo-30-Zone eingerichtet und, noch wichtiger, ein Blitzer darin aufgebaut werden. Wobei die Kommunen darauf hoffen, dass sich möglichst wenige an die Temporeduzierung halten, damit die Gemeindekasse ordentlich gefüllt bleibt.
Die Einrichtung von Tempo- 30-Zonen ist zur Ersatzhandlung für eine vernünftige Verkehrspolitik geworden. Alles, was sinnvoll wäre – von einer Höchstgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen über eine Kerosinsteuer bis hin zum Verzicht auf Straßenneubauten – unterbleibt, weil es der Wirtschaft schaden könnte. Stattdessen schlagen Bund, Länder und Kommunen zu, wo es private Autofahrer trifft. Die können Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen kaum vermeiden, weil die Tempo-30-Zonen schon jetzt inflationäre Ausmaße angenommen haben.
Wer keine Autos in Innenstädten will, soll alternative Verkehrskonzepte vorlegen. Und wer die Gemeinden finanzieren will, muss gegen die Schuldenbremse kämpfen. Wegelagerei ist die falsche Politik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen