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Archiv-Artikel

frisches flimmern Was guckst Du im Kino?

Manche Filme haben‘s schwer. Wer ins Kino gehen will, wird von Plakatwänden schneller zu den Blockbustern gelockt als in die Programmkinos mit anspruchsvollem Repertoire. Das gilt auch immer mehr für ein Publikum, dem die Kenntnis der Filmgeschichte genau so wichtig sein sollte wie das Bedürfnis, im nächsten Partygespräch über „Star Wars“ up to date zu sein.

In Bochum gibt es in der Innenstadt zwei Kinos mit mehreren Sälen, daneben das „Casablanca“ und das „Metropolis“ mit einem aktuellen Angebot von „Programmkino-Filmen“. Außerhalb lockt das UCI mit den Chart-Krachern und im Bahnhof Langendreer das Programmkino “Endstation“ – als einzige mit einem Programm von zwei bis drei Vorstellungen täglich.

In der Universitätsstadt, in der 786 Menschen für “Medienwissenschaft“ eingeschrieben sind, gehören solche Programmkinos zur Bildungslandschaft. Neben dem „Studienkreis Film“ an der Ruhr-Uni, in dem Studierende selbst Programm machen, ist die Endstation die wichtigste Anlaufstelle. Was man hier sehen kann, sieht man selten im Fernsehen. Dennoch bleiben Filmstudenten offenbar immer öfter zu Hause vor der Glotze – oder ziehen den Kommerzfilm im Multiplex-Kino vor.

„Endstation“-Geschäftsführerin Anke Teuber hat das Bochumer Kinogeschehen seit ihrem Studium an der Ruhr-Uni im Visier: „Die „Endstation‘“ war seit ihrer Eröffnung 1988 ein Kino, das aufgrund seiner Programmstruktur von sehr vielen Studierenden besucht wurde. Mittlerweile haben sich die Anteile allerdings verschoben: Gerade im Repertoirebereich kommen weniger Studierende. „Wir führen diese Entwicklung auch auf die Konkurrenz durch die DVD zurück“, sagt Teuber. Überhaupt ist laut einer Untersuchung der Berliner Filmförderungsanstalt ein Wandel in der Altersstruktur sichtbar: Das Publikum wird älter, ein Anstieg ist bei den über 30-jährigen und vor allem bei den über 50-jährigen zu verzeichnen. Ein von der Presse gelobter „klassischer“ Studentenfilm wie „The Five Obstructions“ von Lars von Trier und seinem Filmhochschullehrer Jørgen Leth fand im letzten Jahr beim „Endstation“-Publikum wenig Interesse. Ab heute wird nun eine Woche lang ein Frühwerk von Triers als Kino-Erstaufführung gezeigt. „Epidemic“ (1988) ist nach „The Element of Crime“ der zweite Film der „Europa-Trilogie“ des dänischen Regisseurs – ein Schlüsselwerk für das Gesamtwerk von Triers, dessen neuere Produktionen für Kritik und Programmkino-Publikum zu den filmkünstlerischen Favoriten gehören. Am 6. Juli ist von Triers Film ausnahmsweise schon um 19.45 Uhr zu sehen – mit anschließender Diskussion im Café. DANIEL HERMSDORF