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friedensdemosUmkehr der Beweislast

Eine Demonstration ist kein Hochschulseminar, keine Expertenanhörung und schon gar keine Delegiertenkonferenz. Die meist langweiligen Reden auf Kundgebungen dienen in erster Linie der Selbstdarstellung ihrer Veranstalter. Kein vernünftiger Mensch kommt zu einer solchen Versammlung, weil er dort die Präsentation von Patentrezepten erwartet. Deshalb wäre es unfair, die Friedensdemonstrationen dieses Wochenendes allein am Gehalt der dort gehaltenen Reden zu messen. Die Motivation der TeilnehmerInnen war eindeutig: Sie wollten kundtun, dass sie Zweifel an dem von Bundesregierung und einer Mehrheit des Bundestages als alternativlos dargestellten militärischen Vorgehen haben.

Kommentarvon ERIC CHAUVISTRÉ

Das ist wenig – aber offenbar war es notwendig. Denn nur von den Kriegsgegnern wird bislang gefordert, Lösungskonzepte vorzulegen – möglichst mit genauem Zeitplan und glaubwürdigen Belegen für den garantierten Erfolg. Weder Bush und Rumsfeld noch Schröder und Fischer haben dagegen auch nur in Umrissen darstellen müssen, wie ein Krieg zu einem Ende des Terrorismus führen kann. Warum sollten sie auch – es fragt sie kaum jemand danach. Nicht einmal einen Zeitraum müssen sie vorgeben. Einen Monat, zwei Jahre, mehrere Jahrzehnte – in den Statements der US-Regierung findet sich die ganze Bandbreite.

Während von ein paar Freizeitaktivisten und einer Handvoll Friedensforschern perfekte Antworten für eine Lösung des komplexen Problems Terrorismus erwartet wird, dürfen die mit allen denkbaren finanziellen und personellen Mitteln ausgestatteten Regierenden und Militärs ohne zeitliche Begrenzung Krieg führen, ohne ein Konzept vorlegen zu müssen. Deshalb muss es berechtigt sein, für eine Umkehrung der Beweislast zu streiten: Wer das Militär als Allheilmittel anpreist, muss sich fragen lassen, wie der Krieg zum gewünschten Erfolg führen soll.

Das Verdienst der sozialen Bewegungen in der Geschichte der Bundesrepublik bestand immer darin, einen vermeintlich herrschenden gesellschaftlichen Konsens aufzubrechen und eine offene Debatte über Alternativen erst einmal in Gang zu bringen. Wenn es jetzt Demonstrationen bedarf, um von den Kriegsbefürwortern die Umkehrung der Beweislast einzufordern, ist dies nur ein Zeichen für die Militarisierung des politischen Denkens in diesem Land. Sollte es den DemonstrantInnen gelungen sein, auf dieses Demokratiedefizit hinzuweisen, haben sie viel erreicht.

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