forschung : Eine Frage der Rendite
Die Fakten liegen auf dem Tisch: Aus der Privatwirtschaft kommen zu wenige Impulse für die Forschung. Das in Barcelona formulierte Ziel der Europäischen Union, mindestens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts solle bis 2010 in Forschung und Entwicklung fließen, ist so nicht zu erreichen. Rund fünf Milliarden Euro wenden die Privaten in NRW auf, drei Milliarden die öffentliche Hand. Nach heutigem Stand müssten es insgesamt 14 Milliarden sein. Bund und Länder tragen in NRW bereits 0,71 Prozent bei, die Unternehmen aber nur etwas mehr als ein Prozent. Das heißt, die Politik muss den Etat um die Hälfte anheben, die Wirtschaft ihren aber fast verdoppeln. Doch dem FDP-Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Andreas Pinkwart, fällt nicht viel dazu ein, wie die Unternehmen zu mehr Forschung angeregt werden könnten.
KOMMENTAR VON SEBASTIAN SEDLMAYR
Die Haltung der Unternehmen ist kaum verwunderlich und sie passt so gut in die Ideenwelt der FDP, dass es schon erstaunlich ist, dass der Minister sie gestern nicht benannt hat. Denn die „strategische Neuorientierung der großen Unternehmen“, so heißt es in der Zusammenfassung des RWI-Berichts, sei „in starkem Maße“ verantwortlich für das „im Ganzen enttäuschende Forschungsengagement“. Sie müssten sich eben am Shareholder Value ausrichten, an den hohen Renditen für die Aktionäre.
Die großen NRW-Unternehmen sind also nicht etwa zurück geblieben, sondern im Gegenteil ganz vorn: Sie handeln nach dem Ökonomieprinzip. Und diesem Prinzip zufolge ist es nur eine rhetorische Frage, warum man in Grundlagenforschung investieren sollte, wenn damit keine kurzfristigen Gewinne zu erzielen sind. Die Studie des Essener Forschungsinstituts zeigt vor allem, dass uns dieses allein auf Kennzahlen und Renditemaximierung fußende Ökonomieprinzip nicht weiter bringt. Minister Pinkwart sollte das auf seinem Weg zum „Barcelona-Ziel“ bedenken.