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flenndichweg und anti-terror-terror von WIGLAF DROSTE

Vor Jahren schrieb der Zeit-Obertünsel F. J. Raddatz den Literaturversuch „Kuhauge“. Der Gewürgebrei de luxe, der sich so las, wie die eitergrüne Tropfenbrille seines Autors aussieht, wird jetzt verfilmt, mit Claudia Roth in der Titelrolle. Aus allen Zeitungen des Landes leberwurstete die Frau mit den schrecklichen Schals todbeleidigt heraus, weil ihre Begierde nach Ämterhäufung nicht in den Rang eines Menschen- und Frauenrechts erhoben wurde. Alle Versuche, dem deprimierenden Anblick einer Person zu entgehen, die hausbackene Schlichtgestricktheit, maximale Aufdringlichkeit und unabwaschbare Friteusenklebrigkeit singulär horrifizierend in sich vereint, müssen fehlgehen: Solange sie lebt, wird Claudia Roth die Menschen quälen mit der Permanentauswalzung ihrer Existenz. Wenn ich das Grauen aber schon sehen muss, sehe ich es wenigstens gern leiden. Für irgendetwas auf dieser Welt muss sogar Claudia Roth gut sein. Und auch ihrem Zwilling Fritz Kuhn, dem Absolventen eines Leistungskurses Stammeln, ist es überhaupt nicht peinlich, einem Club anzugehören, der einen wie ihn hofiert.

Die Kehrseite grün gummierter Flennteufelei ist Tot- und Mordschlag. Es gibt nur beides zusammen, einzeln kann man es nicht bekommen. Ohne Heulgurkenarien keine Massaker – und umgekehrt, beides bedingt einander. Gegen ein bisschen sinnlose Gewalt hier und da wäre eventuell nichts einzuwenden – wenn nur das Gekeife hinterher nicht wäre. Die Dialektik von idiotischer Gewalt und keinen Deut weniger idiotischer Absonderung simulierter Gefühle hat grüne Existenzen erst möglich gemacht; ohne Bin Kinderladen gäbe es auch Gefühlshaubitzen wie Claudia Roth nicht. (Und das wäre dann auch das erste und einzige Argument, gegen den Weihnachtsmannterroristen B. L. ernsthaft vorzugehen.)

Wo es wegen eines Anschlags auf Bali oder um irgendeines anderen willkommenen Vorwandes willen mächtig in den Anti-Terror-Terror hineingehen wird, freut es umso mehr, wenn verlässliche Kräfte den Grips auch weiterhin beisammenhalten. Der 72-jährige Janwillem van de Wetering schreibt in seinem neuen Buch „Die entartete Seezunge“ (Europa Verlag) auch über die bekannten Vorgänge vom Elftenseptember: „Johan beobachtete, wie die Zwillingstürme brannten und allmählich auseinander fielen, ihre äußere Haut aus Stahl und Glas verloren, die herabglitt, als entblößte eine schöne Frau ihre langen Beine, indem sie langsam ihre Strümpfe herunterrollte.“ Und ergänzt kurz darauf: „Fundamentalismus gegen Fundamentalismus, wie unglaublich dämlich.“

In exakt diese Dämlichkeit alle Dämlichkeitsunwirschen hineinzutreiben ist die Haupt- und Top-Aufgabe einer Politik, die auf Menschenrechting setzt, auf moralisierendes Außenbordertum und auf die Lüge, das Emotionsgehupe sei nicht ein elementarer Teil der Kriegsmaschinerie. Der staatlich sanktionierte und humanitär abgesegnete Anti-Terror-Terrorismus braucht eine gefühlsgepeitschte Fassade. So gesehen haben die Grünen eine große Zukunft.

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