expertensenat: Die Not ist noch nicht so groß
Immer wenn der Karren – wie derzeit in Berlin – wirklich im Dreck steckt, bringen mehr oder weniger kluge Geister eine ganz neue Idee vor: Man sollte doch Experten außerhalb der Politik in die Regierungsämter lassen. Diese Fachleute würden, unabhängig von parteipolitischen Rücksichtnahmen, eine Politik machen, die die Res publica tatsächlich voranbringe. Dieser Vorschlag hat etwas Populistisches, etwas klar Partei-, vielleicht gar Demokratiefeindliches. Außerdem wird er gern von denen vorgebracht, die gerade machtlos sind und sich so wieder ins Gespräch bringen wollen (so heute von der CDU, gestern noch vom PDS-Heroen Gregor Gysi). Aber könnte der Vorschlag dennoch richtig sein?
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Zunächst zeigt die Geschichte, dass viele der Experten von außen ohne parteipolitische Hausmacht schnell gescheitert sind: Kultursenator Christoph Stölzl gehörte dazu, ebenso der Rechtsprofessor Ruppert Scholz (CDU) als Verteidigungsminister. Vom Kandidaten Jost Stollmann – wer erinnert sich noch an ihn? – ganz zu schweigen.
Andererseits gibt es recht erfolgreiche Seiteneinsteiger: Ex-Kulturstaatsminister Michael Naumann etwa, mit Einschränkungen Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Auch Adrienne Goehler machte auf Landesebene keine schlechte Figur. Deshalb: Warum nicht den Versuch wagen? Sehr viel schlechter als die alte große Koalition dürfte es auch nicht werden. Dennoch ist er unwahrscheinlich. Denn der Machtdrang der Parteien ist zu stark – und die Not der Stadt noch nicht zu groß. Der Expertensenat wird auf sich warten lassen.
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