essstörung: Ganz schön fettig

Ein Ei. Noch’n Ei. Noch’n Ei. Mein Gott wie stumpfsinnig: noch eins. Und noch’n Ei. Und – oh, vergessen mitzuzählen! Na dann vorsichtshalber noch zwei Eier. Oder gleich vier? Michael Thürnau, Frontmann der öffentlich rechtlichen Fett-Weg-Show ist auch Buchautor. Kochbuchautor, um genau zu sein. Sein jüngstes Werk heißt Tolle Torten. Ein treffenderer Titel wäre jedoch Das fat back Buch. Die auf 90 Seiten ausgewalzten 21 Rezepte nämlich sind das beste Mittel, um nach einer Reduktionsdiät die Lipid-Depots des Körpers wieder prall anzufüllen. Zugleich erweist sich die kulinarische Intelligenz, die aus ihnen spricht, als außerordentlich beschränkt: „Wenn Sie aktives Mitglied sind bei den Weight-Watchers“, empfiehlt der Fettmoderator bereits in der ersten Back-Anleitung „blättern Sie bitte weiter.“ An anderer Stelle heißt es, die notwendige Schlagsahne sollte „einen möglichst hohen Fettanteil haben – denn sie schmeckt einfach besser“. Und am Beispiel des in einem Tortenbuch ohnehin völlig deplatzierten Butterkuchens lässt sich erkennen, dass der selbst ernannte „Feinschmecker“ Thürnau zwanghaftes Fressen für echtes Genießen hält: „Nach einem Stück“, schreibt er, „wird niemand auf das zweite verzichten. Oder das dritte. Oder das vierte …“ Was dick macht, schmeckt, lautet die Devise. Und das ist schon ganz schön stumpfsinnig. Fast wie Eieraufschlagen. Diese Kunst zumindest beherrscht der NDR-Diätetiker: Im emblematischen ersten Rezept bringt er’s auf 15 Stück. Weitere Zutaten: insgesamt 600 Gramm Zucker und, für die dekorativen Raspeln, statt maximal bitterer auch noch – im Handel nur übersüßt erhältliche – ganze Tafel Vollmilch-Schokolade: Eine Horrorliste, deren bloße Lektüre den Kotzreflex aktiviert. Womit der Bogen zur Fett-Weg-Show geschlagen wäre: Magen und Gaumen durch planmäßiges Überreizen zum Erbrechen zu zwingen, ist eine alte Abnehm-Strategie. Gesund ist sie nicht. benno schirrmeister

Michael Thürnau: Thürnaus tolle Torten, Landbuch Verlag, 2003, 92 Seiten, 10 Euro