entfernungspauschale: Blockiertes Denken
An der hysterischen Debatte über „Benzinwut“ (Bild), „(Ö)K.O.-Steuer“ (CDU) und „soziale Korrekturen“ (Schröder) stimmt einfach nichts: Die kurzfristige Verknappung auf den Ölmärkten ist noch keine Ölkrise; die Ökosteuer ist nicht schuld an der schlechten Lage der Spediteure; die Kilometerpauschale ist keine „soziale Korrektur“ für hohe Preise; und ihre Umwandlung in eine Entfernungspauschale macht sie auch nicht automatisch umweltfreundlich.
Kommentarvon MATTHIAS URBACH
Es ist, als hätten die quer stehenden Lastwagen auch das Denken blockiert. Von der Erhöhung der Kilometerpauschale profitieren vor allem die Besserverdienenden. Zudem wird das Pendeln prämiert, also die Vielfahrerei und das Zersiedeln der Landschaft. Und warum den Weg ins Umland überhaupt sponsern? Schon jetzt deckt die Kilometerpauschale mehr als die laufenden Kosten des Autofahrens.
Die Entfernungspauschale ist an sich eine schöne Idee, weil sie denselben Steuervorteil verspricht für alle, die auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen. Weil Bahn und Rad nicht so teuer wie das Auto sind, ist sie praktisch eine Subvention für umweltfreundliches Verhalten. Interessanterweise rechnet aber das Finanzamt nur mit lächerlichen Mehrkosten für diese Neuregelung. Offenbar geben die meisten Rad- und Bahnfahrer bereits jetzt bei der Steuer an, dass sie mit dem Auto fahren. Der ökologische Zusatzeffekt, so ist zu fürchten, bleibt gering.
Einzig sozial korrekt ist der Heizkostenzuschuss – und dennoch ein Unsinn. Erst vor wenigen Wochen war Eichel nach zähem Ringen bereit, 500 Millionen Mark für die Wärmedämmung in Altbauten bereitzustellen. Nun wird der doppelte Betrag einfach mal so für die Heizkostensubventionen eines Winters herausgeworfen. Das gleiche Staatsgeld in Doppelglasfenster und Dämmplatten investiert, würde Arbeit auf dem Bau bringen, langfristig die Heizkosten senken und die Umwelt schonen.
Die Regierung hat gerade die einmalige Chance verpasst, gut ausgestattete und überzeugende Energiesparprogramme aufzulegen. Die Öffentlichkeit hätte sich überzeugen lassen, demonstrieren die derzeit so hohen Ölpreise doch drastisch, wie unangenehm es ist, von der launischen Opec abhängig zu sein.
Im Frühjahr wird der Ölpreis wieder sinken, wie alle Experten voraussagen. Fernfahrer werden brav ihre Kisten ausliefern. Die Christdemokraten sind wieder mit sich selbst beschäftigt. Aber die Kilometerpauschale wird immer noch 80 Pfennig betragen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen