energiewende: Riesige Potenziale
Umweltverbände haben gestern von der Bundesregierung gefordert: Der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid soll bis 2005 um ein Viertel sinken. Dazu hat sich die Regierung in internationalen Verträgen ohnehin schon verpflichtet. Bis 2020 sollen es 40 Prozent sein, immer relativ zum Ausstoß von 1990. Das alles klingt utopisch, ist es aber nicht. Auch und gerade in einem Hightech-Land wie Deutschland gibt es noch riesige Potenziale zum Energiesparen, fast ohne Komfortverlust. Die bündnisgrüne Heinrich-Böll-Stiftung hat gestern die dazu passende Studie vorgestellt: Bis 2050 könnten die deutschen Emissionen um 80 Prozent gesenkt werden.
Das Problem für die Politiker liefern die Studien jedoch gleich mit: „bis 2020, bis 2050“. Ohne jemandem etwas Böses zu wünschen - aber die wenigsten der heute Regierenden werden 2050 erleben. Warum also sollte ein Politiker mit fünf Pfennig taktischem Verstand seine Wiederwahl riskieren, um ein derartig fernes Ziel heute durchzusetzen?
Kommentarvon REINER METZGER
Neben den Energieerzeugern ist es nun mal der Verkehr, der in Deutschland jedes Energiesparen zum Scheitern bringt. Und mit dem Verkehr sind allmächtige Säulen unserer Republik verbunden: die Industrie, die ihre Waren billig auf der Straße transportieren will, und die Mehrheit der Wähler, die billig und in möglichst großen Autos durch die Gegend kutschieren will.
Der Treibhauseffekt mit seinen wahrscheinlichen Folgen wie untergehende Küsten und einer Verschiebung der Wüsten- und Regengebiete wird also zu einem guten Teil kommen. Trotzdem muss man nicht gleich resigniert in eine nach heutigen Modellrechnungen sichere Weltgegend umziehen. Nicht aktiv zu werden, hieße, der „Weiter so“-Lobby das Feld zu überlassen.
Das Bundeskabinett arbeitet dieser Tage an seinem Klimaschutz-Konzept. Und mit ein paar Milliarden Mark mehr, sagen wir mal einem Prozent des Haushalts, ließe sich allerhand bewirken. Und auch ein wenig Bewegung in Richtung Ökosteuer wäre doch denkbar, oder? Es erfordert natürlich eine geschickte Verkaufe: Wer die Autofahrer offen ärgert, hat ja mit Gerhard Schröder bekanntlich keine Chance. Denn die Autolobby ist im Lobbying vor und hinter den Kulissen geübt wie kaum jemand und wird jede Chance nutzen. Aber sollte es einer Regierung, die das geniale PR-Konzept der Neuen Mitte ausgeheckt hat, nicht möglich sein, nebenbei einen Schleichweg zur Rettung des Erdklimas zu finden?
wirtschaft und umwelt SEITE 7
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